Ritter Huhn von Broich

a) Ritter Huhn in Düsseldorf

Es war das Jahr 1705, als Kurfürst Johann Wilhelm die getreuen Stände des Bergischen Landes nach Düsseldorf berief. Ihr Auftrag war es, eine einheitliche Grundsteuer für die Region zu erarbeiten. Doch der Kurfürst hatte eine eigenartige Anforderung an die Abgeordneten gestellt, die in die Geschichte des Bergischen Landes eingehen sollte.

Jeder Abgeordnete wurde beauftragt, ein Brot mitzubringen, das von den örtlichen Bauern gebacken wurde. Diese eigenartige Bitte sollte dem Kurfürsten dabei helfen, die Lebensweise der Menschen und die Fruchtbarkeit des Bodens besser zu verstehen, um die Steuern gerecht zu verteilen. Die meisten Abgeordneten brachten schöne, gut gebackene Brote mit, doch einer stach heraus – Ritter Huhn aus dem Kirchspiel Waldbröl.

Huhn hatte grobe Haferbrote mitgebracht, die mit Kleie vermengt waren und keineswegs so ansprechend aussahen wie die anderen. Die anderen Abgeordneten waren verwundert und glaubten zunächst, es handele sich um einen Scherz. Doch Ritter Huhn konnte seine Brote als authentisch verteidigen.

Er erklärte, dass im Amt Windeck, zu dem sein Gebiet gehörte, Hafer die Hauptfrucht war, die der Boden hervorbrachte, und dass dies der Regierung bekannt sein müsse. Als Ergebnis dieses klugen Arguments hatte das Amt Windeck mehr als ein Jahrhundert lang sehr niedrige Grundsteuern zu zahlen, wurde jedoch auch seitdem mit dem Spitznamen “Haferland” verspottet.

b) Ritter Huhn in der Schmiede

Es war an einem eiskalten Wintertag, als Ritter Huhn sich in der Nähe des Brölbaches auf die Jagd begab. Der Himmel verdunkelte sich, und ein heftiger Schneesturm brach über die Gegend herein, der die stärksten Bäume zu beugen schien. In seiner Not suchte Ritter Huhn Zuflucht in einer abgelegenen Schmiede, um Schutz vor dem tobenden Unwetter zu finden.

Der Grobschmied, der gerade dabei war, ein glühendes Eisen zu bearbeiten, war erstaunt, als er einen fremden Mann in einem mit Schnee bedeckten grauen Mantel erblickte. Freundlich grüßte Ritter Huhn den Schmied und bat um Unterschlupf, bis der Schneesturm vorübergezogen wäre. Der Schmied, geschmeichelt durch die höfliche Anfrage, setzte seinen Blasebalg in Bewegung, und das Feuer im Herd flammte auf.

Während der Schmied sich der glühenden Eisenstange widmete, nutzte Ritter Huhn die Gelegenheit, um heimlich den 400 Pfund schweren Amboss von seinem Platz zu entfernen und unter seinem Mantel zu verbergen. Als der Schmied den Amboss verwenden wollte, bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass dieser verschwunden war. Verwirrt und beunruhigt sah er sich um, mal auf den leeren Ambossstock, mal auf den Fremden.

Der Schmied konnte sich nicht erklären, wie das passieren konnte, und der Gedanke, dass der Fremde ein Hexenmeister oder gar der Teufel selbst sein könnte, kam ihm in den Sinn. Gerade als er über diese unheimlichen Gedanken nachdachte, wurde der Schmied von einem lauten Knall überrascht, als in der Nähe eine mächtige Eiche unter der Last des Schnees zusammenbrach. Das war zu viel für den Schmied, der bleich wurde, sich bekreuzigte und zu beten begann, dass ihm ein gnädiges Stündlein geschenkt werde.

Ritter Huhn, der die Furcht des Schmiedes amüsant fand, zog nun den Amboss aus seinem Versteck und stellte ihn an seinen Platz zurück. Nachdem er den Schmied über seinen Aberglauben aufgeklärt und ihm großzügig für die erlittene Angst gedankt hatte, machte er sich bei besserem Wetter auf den Heimweg.

c) Ritter Huhn auf dem Markt zu Waldbröl

Es war ein sonniger Tag, als Ritter Huhn den belebten Markt in Waldbröl besuchte. Die Marktplätze jener Zeit waren ein lebendiges Treiben von Händlern, Handwerkern und Bauern, die ihre Waren anpriesen und ihre Geschäfte tätigten. Ritter Huhn war kein gewöhnlicher Mann; er war bekannt für seine außergewöhnliche Stärke und seinen unerschütterlichen Mut.

An diesem besonderen Tag trat er an die Bude eines Eisenhändlers heran. Der Eisenhändler war stolz auf seine Ware und pries sie lautstark an. Doch Ritter Huhn, immer auf der Suche nach Herausforderungen, fand schnell Mängel an den Schaufeln des Händlers. Er bemerkte, dass sie zu schwach waren und leicht verbogen werden konnten.

Mit einem selbstbewussten Lächeln wandte er sich an den Eisenhändler: “Freund, eure Schaufeln sind zu schwach”, sagte er, “ich wette, dass ich sie mit meinen bloßen Händen zu einer Kugel zusammenrollen kann.” Die Umstehenden schauten erstaunt zu, als der Händler auf die Wette einging und antwortete: “Herr, wenn Sie das schaffen, schenke ich Ihnen meine gesamten Schaufeln und die Spaten noch dazu.”

Ritter Huhn nahm eine der Schaufeln in seine kräftigen Hände und begann, sie langsam zusammenzurollen. Ein Raunen ging durch die Menge, als die Schaufel sich wie ein Blatt Papier zu einer Rolle formte. Die Zuschauer konnten ihren Augen kaum trauen. Der Eisenhändler, der die Wette eingegangen war, war sprachlos vor Staunen.

Schließlich, als die Schaufel zu einer perfekten Kugel geformt war, gab Ritter Huhn sie dem Händler zurück. Dieser war voller Verlegenheit und sagte: “Ich habe die Wette verloren, edler Ritter. Doch ich hoffe, dass Sie kein Interesse daran haben, mich zu ruinieren. Bitte nehmen Sie meine Schaufeln und Spaten an.”

Ritter Huhn lächelte und bezahlte die Schaufeln, die er ausgewählt hatte, zusammen mit der zu einer Kugel gerollten Schaufel. Er versicherte dem Händler, dass er in Zukunft bessere Ware auf den Markt bringen solle.

d) Ritter Huhn und Kurt von Scheuren

In den verschlungenen Wäldern und malerischen Tälern des Siegtals, wo die Geschichte in den Wurzeln der Bäume und den Steinen des Flussbetts lebendig wird, rankt sich eine faszinierende Sage um Ritter Huhn und Kurt von Scheuren. Diese Geschichte entführt uns in die Zeit, als Tapferkeit und Ehrlichkeit ebenso gefeiert wurden wie die Freuden des Kartenspiels und eines guten Trunks.

Ritter Huhn, ein Edler seiner Zeit, hatte eine Leidenschaft für das Kartenpiel und liebte es, in geselliger Runde um den Sieg zu kämpfen. Doch nicht nur das, er war auch ein Genießer eines guten Schlucks. Eines Tages wagte er jedoch ein gefährliches Spiel, bei dem er seine gesamten Besitztümer gegen seinen Jagdkumpanen Kurt von Scheuren setzte. Ritter Huhn war fest entschlossen, den Kaufvertrag zugunsten des Gewinners auszustellen, ohne Ausflüchte.

Kurt von Scheuren, ein Mann von Ehre, hatte jedoch Zweifel, ob er den Gewinn annehmen sollte. Die Dämonen der Habgier lockten ihn, aber sein innerer Konflikt war nicht zu überwinden. Schließlich siegte die Versuchung, und Kurt beschloss, den Vertrag zu erfüllen.

In der Zwischenzeit schmiedete Ritter Huhn einen schlauen Plan, um seinen Besitz zu bewahren und aus diesem unglückseligen Handel zu entkommen. Er hatte einen kostbaren Ahrbleichart-Wein in seinem Keller versteckt. Als Kurt von Scheuren eintraf, ließ er eine Anzahl von Krügen mit diesem köstlichen Wein füllen. Gleichzeitig füllte er die gleiche Anzahl von Krügen mit gefärbtem Wasser.

Kurt, ahnungslos ob des Betrugs, genoss den Wein in vollen Zügen. Bald schlug er vor, das Verlorene zurückzugewinnen. Ritter Huhn gab vor, nichts mehr zu haben, außer einem Albus, aber er schlug einen anderen Deal vor. Derjenige, der zuerst unter den Tisch falle, solle verlieren, und der Kaufvertrag würde vor den Zeugen vernichtet.

Kurt nahm die Herausforderung an, und das Trinkduell begann. Die Becher wurden schnell geleert, und Kurt, im Rausch des köstlichen Weins, verlor schnell die Kontrolle. Ritter Huhn jedoch behielt sein Geheimnis und trank aus den mit gefärbtem Wasser gefüllten Krügen. Kurts Gesicht wurde immer purpurner, seine Sicht verschwamm, und seine Zunge wurde schwer wie Blei.

Schließlich konnte Kurt nicht mehr stehen und lallte: “Ich bin besiegt, zerreißt den Kaufbrief.” Unter dem Einfluss des Weins taumelte er unter den Tisch.

Am nächsten Tag, als Kurt wieder zu sich kam, erklärte er, dass der köstliche Wein den Teufel der Habgier vertrieben habe, der ihn zuvor besessen hatte. Er war erleichtert, dass es so gekommen war, denn selbst wenn er im Wettrinken gesiegt und die Güter erlangt hätte, hätte er keinem ehrlichen Mann mehr ins Gesicht sehen können.

Quelle für a, b, c: Schriftliche Mitteilungen von Lehrer Neuber aus Schönenbach bei Schladern, erschienenen in “Bergische Sagen, 2. Auflage” von Otto Schell (1922).

Quelle für d: “Das Siegthal” von Ernst Weyden (1865).