In der malerischen Stadt Siegburg ereignete sich vor langer Zeit eine beispiellose Geschichte, die bis heute die Herzen der Einwohner bewegt. Es war eine Zeit, in der die Not über die Stadt hereinbrach und ein Bruder schwer erkrankte. Die verzweifelten Bewohner von Siegburg suchten nach Hilfe, doch schienen alle Mittel und Medizin vergebens.
In dieser düsteren Stunde befand sich jedoch der Erzbischof in der Nähe der Stadt und erfuhr von der gefährlichen Situation.
Ohne zu zögern, entsandte der Erzbischof einen eiligen Boten nach Köln mit einem dringenden Befehl: Er solle sofort den Arm des Märtyrers St. Georg herbeibringen, denn die Heilung des Kranken schien nur durch das heilige Öl, das die Reliquie umgab, möglich zu sein.
Der Bote eilte nach Köln und brachte die kostbare Reliquie zurück nach Siegburg. Als der Erzbischof die Kapsel mit dem heiligen Arm erhielt, verlangte er nach dem Schlüssel, um sie zu öffnen. Doch zu seinem Schrecken erkannte der Bote, dass er den Schlüssel in Köln vergessen hatte. Die Verzweiflung schien über Siegburg hereinzubrechen.
Doch der heilige Anno, bekannt für seine Tugenden und seinen Glauben, zögerte nicht. Mit nur zwei Fingern berührte er leicht das Schloss der Kapsel. Und siehe da, ein erstaunliches Wunder geschah: Die Anwesenden hörten einen klirrenden Ton, als ob ein Schlüssel gedreht würde, und die Riegel des Schlosses sprangen auf, als hätten sie sich von selbst geöffnet.
Dieses außergewöhnliche Ereignis hinterließ die Bewohner von Siegburg in Staunen. Sie sahen mit eigenen Augen, wie der heilige Anno, ohne Schlüssel, das Schloss der Reliquie öffnete und den heiligen Arm des Märtyrers St. Georg freilegte.
Die Nachricht von diesem Wunder verbreitete sich rasch in der Stadt und darüber hinaus. Siegburg erfuhr nicht nur eine wundersame Heilung, sondern auch eine tiefe Bestätigung ihres Glaubens an den heiligen Anno.
Quelle: J. Görres, Christliche Mystik, 2. Band, S. 573. (Nach der Vita S. Annonis LII. C. J.)
