Hexenritt am Rhein

Es war einmal am Rhein, in einer Zeit, als Geheimnisse und Magie die Gemüter der Menschen fesselten. Eine Geschichte rankt sich um einen jungen Burschen, der den Verdacht hegte, dass seine Großmutter und seine Mutter etwas Dunkles im Schilde führten.

Sie trafen mysteriöse Vorbereitungen für eine geheimnisvolle Ausfahrt, und der neugierige Junge beschloss, ihnen auf die Spur zu kommen.

Eines abends, als die Dämmerung hereinbrach, wagte er sich näher. Er beobachtete, wie sie eine Salbe aus einem alten Schubfach holten und sich damit einrieben. Dann bestiegen sie einen Besen, und er vernahm die Worte, die sie murmelten, bevor sie durch den Rauchfang verschwanden:

„Tüttermatütt,
Zum Schornstein herütt,
Über alle Hecken und Züng!“

Der junge Mann konnte seine Neugierde nicht zügeln. Er besorgte sich ebenfalls die Salbe, bestrich sich damit und schwang sich auf einen Besen. Doch unglücklicherweise hatte er den Wortlaut des Zauberspruchs nicht ganz behalten und änderte die letzte Zeile ab:

„Durch alle Hecken und Züng!“

Oh, welch ein schreckliches Missgeschick! Statt elegant über die Hecken zu schweben, fuhr der junge Bursche unsanft durch sie hindurch. Seine Haut zerschnitt sich an den Dornen, und er heulte vor Schmerz.

Doch er schritt zur Rache. Er verriet alle Beteiligten, und diese wurden sogleich für ihre vermeintlichen Vergehen zur Verantwortung gezogen und verbrannt.

Quelle: W. von Waldbrühl, “Wesen und mehr”, Seite 23.

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