Der Schatz von Rosbach

In einer Wiese bei Rosbach, einem Ort, der bereits seit langer Zeit von Sagen und Geheimnissen umwoben ist, soll in früheren Zeiten ein gewaltiger Schatz vergraben gewesen sein. Diese Geschichte wurde von Generation zu Generation weitererzählt, wobei das Rätsel um den Schatz immer mehr an Faszination gewann.

Eines Tages fassten einige mutige Männer aus dem Dorf den Entschluss, dieses lange gehütete Geheimnis zu lüften. Unter ihnen befand sich auch ein kühnes Schneiderlein, bekannt für seinen Mut und seinen Einfallsreichtum. Er wurde zu ihrem Anführer erkoren, denn es bedurfte einer starken Führung und eines klugen Plans, um den Schatz zu bergen.

Sie wählten eine sternenklare Nacht und trafen sich zur Mitternacht auf der besagten Wiese. Umgeben von der nächtlichen Stille, begannen sie mit der Ausführung ihres Plans. Sie stellten sich im Kreis um den vermuteten Ort des Schatzes herum und begannen gemeinsam, das Christophelsgebet zu sprechen – ein altes, fast vergessenes Gebet, das man als Schlüssel zur Bergung des Schatzes ansah.

Doch als sie die Mitte des Gebets erreichten, erfasste sie ein unerklärliches Zögern. Plötzlich verstummten alle, denn über ihren Köpfen hingen zahlreiche Mühlsteine, die an dünnen, kaum sichtbaren Fäden befestigt waren, als würden sie schweben. Diese unheimliche Erscheinung ließ die Männer erstarren, und ihre Stimmen verstummten vor Schreck.

Das Schneiderlein wusste, dass sie den Schatz nicht heben konnten, wenn auch nur einer von ihnen im Gebet nachließ. Denn es war Teil der alten Legende, dass der Schatz nur dann ans Licht kommen würde, wenn alle Beteiligten das Gebet bis zum Ende aufrecht erhalten würden. Jedes Zögern, jede Unterbrechung würde ihre Mühen zunichtemachen.

So standen sie dort, gefangen zwischen Furcht und Hoffnung, und mussten letztendlich unverrichteter Dinge wieder abziehen. Der Schatz von Rosbach blieb unberührt, verborgen unter der Erde, umhüllt von den Schatten der Nacht und den Geheimnissen der Vergangenheit. Bis heute erzählt man sich im Dorf von dieser nächtlichen Begebenheit und von dem ungelösten Rätsel des Schatzes, der tief unter der Wiese von Rosbach ruht.

Quelle: “Neue Bergische Sagen”, gesammelt von Otto Schell, erschienen 1905 in Elberfeld.

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