Paradigmenwechsel: EU und Deutschland kalibrieren China-Strategie neu

Wirtschaftliche Souveränität im Fokus: Europa und Deutschland kalibrieren China-Strategie neu

Die geopolitischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen den westlichen Industriestaaten und China erreichen eine neue Intensitätsstufe. Insbesondere die Europäische Union und Deutschland überprüfen ihre strategische Ausrichtung gegenüber Peking, um die eigene wirtschaftliche Souveränität zu stärken und unfaire Handelspraktiken zu adressieren. Die jüngsten Entwicklungen signalisieren einen deutlichen Paradigmenwechsel in den Handelsbeziehungen.

  • Die Europäische Union bereitet für den 3. Dezember die Vorstellung einer umfassenden Wirtschaftsicherheitsdoktrin vor, die ein Überdenken des handelspolitischen Arsenals der EU vorsieht, um auf Herausforderungen wie Chinas Drosselung von Seltenen Erden und aggressives Vorgehen der Vereinigten Staaten reagieren zu können. China wird dabei als zentraler Politikfokus betrachtet, angesichts wachsender Bedenken über Europas Abhängigkeit von kritischen Mineralien für die grüne und digitale Transformation sowie unlauteren Wettbewerb durch subventionierte chinesische Importe.
  • Bemerkenswert ist der Wandel in der deutschen Chinapolitik, die traditionell als Bremsklotz für härtere Maßnahmen galt. Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte im November 2025, dass Deutschland keine Komponenten chinesischer Unternehmen in seinem künftigen 6G-Mobilfunknetz zulassen werde und sprach sich für den Schutz der europäischen Stahlindustrie aus, was einen Bruch mit jahrzehntelanger Freihandelspolitik darstellt. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, ernannt am 6. Mai 2025, steht ebenfalls vor der Aufgabe, die deutsche Industriepolitik in diesem Spannungsfeld neu auszurichten.
  • Auch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil brachte bei einem Besuch in China diese Woche Bedenken hinsichtlich chinesischer Exportbeschränkungen für Seltene Erden und industrieller Überkapazitäten zur Sprache. Er betonte, dass Deutschland und Europa aus den Abhängigkeiten von russischen Energielieferungen gelernt hätten und sich nun stärker aufstellen müssten. Chinas Handelsminister Wang Wentao hingegen bekräftigte die Notwendigkeit von Dialog und Kooperation, um Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu stabilisieren und Missverständnisse abzubauen.
  • Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in den transatlantischen Beziehungen wider. Unter US-Präsident Donald Trump, der am 20. Januar 2025 seine zweite Amtszeit antrat, und Handelsminister Howard Lutnick, der seit Februar 2025 im Amt ist, verfolgen die USA weiterhin eine harte Gangart gegenüber China. Dies zeigt sich unter anderem in jüngsten Verhaftungen von US-Bürgern und chinesischen Staatsangehörigen wegen des illegalen Exports von KI-Technologie (NVIDIA GPUs) nach China am 20. November 2025.
  • Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die am 18. Juli 2024 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde, und der EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, seit dem 1. Dezember 2024 im Amt, stehen vor der Herausforderung, eine geeinte europäische Antwort zu formulieren. Die Fähigkeit, effektive Wirtschaftsdiplomatie mit robusten Handelsverteidigungsinstrumenten zu verbinden, wird entscheidend sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu sichern und faire globale Handelsbedingungen zu gewährleisten.

Quellen:

Bild: Pixabay / Ralphs_Fotos


Report (22.11.2025) – China Korrespondent