Simbabwes Drahtseilakt: Die ZiG-Währung und der lange Weg aus der Wirtschaftskrise


Fokus-Land heute: Simbabwe

Einleitung: Zwischen Hoffnung und Skepsis

Simbabwe, das südafrikanische Land, bekannt für seine reiche Geschichte und seine atemberaubende Landschaft, befindet sich erneut an einem kritischen wirtschaftlichen Scheideweg. In den letzten Wochen dominierte ein Thema die Schlagzeilen und die Gespräche auf den Straßen von Harare bis Bulawayo: der fragile, aber vielversprechende Pfad der wirtschaftlichen Erholung, maßgeblich beeinflusst durch die im April 2024 eingeführte goldgedeckte Währung, den Zimbabwe Gold (ZiG). Die Regierung feiert Erfolge bei der Inflationsbekämpfung, doch die Bevölkerung und Experten blicken mit einer Mischung aus Hoffnung und tief sitzender Skepsis auf die Zukunft.

Der ZiG-Effekt: Eine neue Ära der Stabilität?

Nach Jahren der Hyperinflation und wiederholter Währungsexperimente, die das Vertrauen der Bevölkerung nachhaltig erschütterten, setzte die Regierung Simbabwes im April 2024 auf einen radikalen Schritt: die Einführung des ZiG, einer an Gold und ausländische Währungen gekoppelten Digitalwährung. Die jüngsten Berichte der Confederation of Zimbabwe Industries (CZI) deuten auf einen bemerkenswerten Rückgang der Inflation hin, von 82,7 % im September auf 32,7 % im Oktober. Prognosen zufolge könnte die Inflation bis Jahresende sogar auf 15 % bis 20 % sinken – eine deutliche Erholung von den über 500 % im Jahr 2020.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für 2025 ein Wirtschaftswachstum von 6 %, angetrieben durch eine gute Landwirtschaftssaison, rekordhohe Goldpreise und anhaltende Überweisungen aus dem Ausland. Auch die Erholung im Agrarsektor nach einer schweren Dürre im Jahr 2024 trägt maßgeblich zur positiven Aussicht bei.

Hintergründe: Das Gewicht der Vergangenheit

Die positive Entwicklung ist unbestreitbar, doch die Schatten der Vergangenheit sind lang. Simbabwes Wirtschaft leidet seit den frühen 2000er Jahren unter extremer Inflation und einer tiefgreifenden Dollarisierung, bei der der US-Dollar zum primären Zahlungsmittel wurde. Der Anteil des ZiG an den monetären Aggregaten liegt laut Ökonomen bei nur etwa 17 %, was die Skepsis gegenüber einer vollständigen Abkehr vom Dollar verdeutlicht.

Ein weiteres massives Hindernis ist die hohe Staatsverschuldung, die 2024 laut Weltbank 23,2 Milliarden US-Dollar erreichte, was 72,9 % des BIP entspricht. Diese Schuldenrückstände verhindern den Zugang zu Konzessionsfinanzierungen multilateraler Organisationen und blockieren Schuldenerleichterungen, was ausländische Investitionen abschreckt.

Die Regierung unter Präsident Emmerson Mnangagwa, die 2017 nach dem Sturz Robert Mugabes an die Macht kam, hat zwar Infrastrukturprojekte und die Stärkung der Landwirtschaft vorangetrieben, doch die zugrunde liegenden Herausforderungen bleiben bestehen.

Akteure und ihre Rollen

Die Regierung Simbabwes unter Präsident Mnangagwa und das Finanzministerium sind die Hauptakteure bei der Gestaltung der Wirtschaftspolitik. Sie setzen auf den ZiG und Infrastrukturprojekte, um Wachstum zu generieren und die Lebensbedingungen zu verbessern.

Die Reserve Bank of Zimbabwe (RBZ) ist für die Implementierung der Geldpolitik und die Stabilität des ZiG verantwortlich.

Internationale Organisationen wie der IWF und die Weltbank beobachten die Entwicklungen genau und bieten, trotz der Schuldenproblematik, technische Unterstützung und Analysen an.

Ökonomen, wie Lyle Begbie von Oxford Economics Africa, warnen vor vorschnellem Optimismus und betonen die Notwendigkeit weiterer struktureller Reformen, um die Volatilität zu überwinden und das Vertrauen wiederherzustellen.

Die Zivilgesellschaft und die Bevölkerung sind die Leidtragenden der wirtschaftlichen Unsicherheiten, aber auch die Nutznießer von Fortschritten. Initiativen zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und zur Bewältigung sozialer Probleme wie Drogenmissbrauch sind entscheidend.

Die Stimmung im Land: Ein Balanceakt

Die Stimmung in Simbabwe ist komplex und widersprüchlich. Einerseits gibt es eine spürbare Erleichterung über den Rückgang der Inflation und die Aussicht auf wirtschaftliches Wachstum. Die Bemühungen der Regierung, die Infrastruktur zu verbessern und die Landwirtschaft zu stärken, werden wahrgenommen.

Andererseits prägen die anhaltende politische Repression und die strukturellen Probleme das Leben vieler Simbabwer. Der Brain Drain, bei dem qualifizierte Arbeitskräfte das Land verlassen, und die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen, nagen am Vertrauen in eine bessere Zukunft. Viele sind gezwungen, im informellen Sektor zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Die Hoffnung auf demokratischen Wandel ist laut Beobachtern gering, da die regierende ZANU-PF weiterhin eine dominante Rolle spielt und Kritik an der Regierung oft unterdrückt wird. Dies trägt zu einer Atmosphäre bei, in der wirtschaftliche Fortschritte zwar begrüßt werden, aber die tief sitzende Frustration über die politische Situation bestehen bleibt.

Fazit: Ein vorsichtiger Blick nach vorn

Simbabwe steht vor einer monumentalen Aufgabe. Der ZiG ist ein mutiger Versuch, die Wirtschaft zu stabilisieren und das Vertrauen in die nationale Währung wiederherzustellen. Die ersten Anzeichen sind ermutigend, aber der Weg ist noch weit und voller Fallstricke. Die Bewältigung der Staatsverschuldung, die Überwindung der strukturellen Abhängigkeit vom US-Dollar und die Stärkung demokratischer Institutionen sind entscheidend für eine nachhaltige und inklusive Erholung. Nur wenn diese Herausforderungen angegangen werden, kann Simbabwe seinen Drahtseilakt erfolgreich meistern und eine echte, dauerhafte Stabilität für seine Bevölkerung erreichen.

Symbolbild: Pixabay / Jürgen_Bierlein


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