Ein Streit um Millionen zwischen dem Kreis und den Krankenkassen droht zu eskalieren. Weil die Kassen die Kosten für bestimmte Einsätze nicht mehr übernehmen wollen, droht dem Steuerzahler ein massives Defizit – und Patienten könnten schon bald böse Post bekommen.
Es klingt nach einem trockenen Verwaltungsakt, der am 4. Dezember im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises verhandelt wird: die „Neukalkulation der Rettungsdienstgebühren“. Doch hinter den Kulissen tobt ein harter Verteilungskampf, der jeden Bürger im Notfall teuer zu stehen kommen könnte.
Krankenkassen drehen den Geldhahn zu
Bisher war es gängige Praxis: Wenn ein Rettungswagen gerufen wird, aber kein Patient angetroffen wird oder eine Mitfahrt verweigert wird (sogenannte „Fehlfahrten“), wurden diese Kosten solidarisch über die Gebühren von den Krankenkassen mitgetragen. Damit soll nun Schluss sein.
Die Kostenträger (Krankenkassen und Berufsgenossenschaften) haben angekündigt, diese Kosten nicht mehr zu übernehmen. Sie argumentieren, diese Einsätze seien nicht refinanzierbar. Dabei hat die Zahl dieser Einsätze in den letzten Jahren stark zugenommen – im Rhein-Sieg-Kreis machen sie je nach Fahrzeugtyp bis zu 20 % aller Fahrten aus.
Die Konsequenz: Allein durch diese Weigerung droht dem Kreishaushalt eine jährliche Belastung von rund 8 Millionen Euro.
Gebührenexplosion ab 2026
Um dieses Loch zu stopfen und gestiegene Betriebskosten sowie Defizite aus den Vorjahren auszugleichen, plant der Kreis eine massive Erhöhung der Gebühren. Ein Beispiel:
Kostete der Einsatz eines Rettungswagens (RTW) aktuell noch 811 Euro, soll der Satz ab 2026 auf stolze 1.207 Euro steigen. Auch der Notarzt wird teurer: Der Satz steigt von 140 Euro auf 268 Euro.
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, will der Kreis sogar zwei Satzungen verabschieden – eine rückwirkend für 2023 bis 2025 und eine für die Zukunft ab 2026.
Das Risiko für die Patienten
Jetzt kommt der Punkt, der für jeden Bürger gefährlich wird: Die Verwaltung geht fest davon aus, dass die Krankenkassen diese neuen, höheren Gebühren nicht anerkennen werden. Es wird erwartet, dass die Kassen einfach eigenmächtig Festbeträge festsetzen, die ca. 30 % unter den tatsächlichen Kosten liegen.
Was passiert mit der Differenz? Der Rhein-Sieg-Kreis macht klar: Wenn die Kassen nicht zahlen, holt man sich das Geld von den „Benutzerinnen und Benutzern“. Im Klartext: Die Patienten sind gesetzlich die Gebührenschuldner. Der Kreis kündigt in der Vorlage unverblümt an, die nicht erstatteten Anteile direkt gegenüber den Patienten geltend zu machen.
Wer also den Notruf wählt, könnte künftig in einen bürokratischen Albtraum geraten, bei dem hunderte Euro Streitwert zwischen Kreis und Kasse auf dem eigenen Rücken ausgetragen werden.
Entscheidung am 4. Dezember
Landrat Sebastian Schuster und die Verwaltung schlagen dem Kreistag vor, die neuen Satzungen zu beschließen, um die Handlungsfähigkeit des Rettungsdienstes zu sichern und die Defizite nicht dauerhaft aus dem Kreishaushalt zahlen zu müssen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Politik diesem Vorschlag folgt – und ob das letzte Wort in diesem Streit nicht doch vor den Gerichten gesprochen wird. Leidtragende wären bis dahin die Bürger im Rhein-Sieg-Kreis.
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