BSW vollzieht strategische Neuausrichtung und schärft Programm nach verpasstem Bundestagseinzug

Strategische Neuausrichtung und personelle Weichenstellungen beim BSW: Eine Analyse der jüngsten Entwicklungen

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) befindet sich Ende November 2025 in einer Phase signifikanter strategischer Neuausrichtung und personalpolitischer Weichenstellungen. Die jüngsten Entwicklungen konzentrieren sich auf die Reaktion der Partei auf das knappe Verfehlen des Einzugs in den Bundestag bei der Wahl im Februar 2025 sowie auf bevorstehende Führungswechsel und die Vertiefung ihrer programmatischen Ausrichtung. Die Haltung des BSW bleibt dabei konsistent mit einer kritischen Perspektive auf etablierte Machtstrukturen und einer klaren Priorisierung sozioökonomischer Gerechtigkeit und einer unabhängigen Außenpolitik.

Föderale Strategie: Programmatische Schärfung und Identitätsfestigung

Nachdem das BSW bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025 die Fünf-Prozent-Hürde denkbar knapp verpasste – das amtliche Endergebnis wies 4,981 Prozent der Zweitstimmen aus –, fokussiert sich die Partei auf eine umfassende programmatische Schärfung. Diese „Findungsphase“ ist darauf ausgerichtet, das Profil des BSW über die zentrale Friedenspolitik hinaus deutlicher erkennbar zu machen. Die Partei beabsichtigt, ihre Kernstrategie, die auf pragmatischen Lösungen abseits ideologischer Debatten basiert, zu festigen. Schwerpunkte bilden dabei die wirtschaftliche Stärke Deutschlands, soziale Gerechtigkeit, eine konsequente Friedenspolitik und die Wahrung individueller Freiheiten.

Eine entscheidende strategische Maßnahme stellt die Diskussion um eine mögliche Umbenennung der Partei dar. Das BSW erwägt, den Namen in „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ zu ändern, wobei das Kürzel „BSW“ beibehalten werden soll. Diese Umbenennung reflektiert den Anspruch, eine breitere programmatische Basis zu vermitteln, die über die Gründerinpersönlichkeit hinausgeht, und die thematischen Säulen des Gründungsprogramms, insbesondere die ökonomische Souveränität und die soziale Kohäsion, stärker hervorzuheben. Die BSW-Strategie zielt auf eine Stärkung der deutschen Industrie und des Mittelstands durch eine Wirtschaftspolitik ab, die sich als Gegenentwurf zur derzeitigen ökonomischen Ausrichtung versteht. Darüber hinaus werden substanzielle Reformen im Steuersystem angestrebt, um die breite Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere Einkommen unterhalb des obersten Drittels, spürbar zu entlasten, während überdurchschnittliche Einkommen, Vermögen und Spekulationsgewinne höher besteuert werden sollen. Dies steht im Einklang mit der manifestierten Position einer notwendigen Umverteilung von oben nach unten.

In der Außenpolitik vertritt das BSW weiterhin eine dezidiert anti-militaristische Haltung. Das Argument der Friedenssicherung durch Waffenlieferungen wird als Interessenspolitik der Rüstungsindustrie zurückgewiesen. Die Partei fordert stattdessen eine unabhängige deutsche Außenpolitik, die auf zivile Konfliktlösung, Abrüstung und die Etablierung einer europäischen Friedensordnung, die auch Russland integriert, setzt. Sanktionen gegen missliebige Regierungen werden abgelehnt, da sie primär die Zivilbevölkerung belasten. Die außenpolitische Ausrichtung des BSW, die sich explizit gegen die Militarisierung gesellschaftlicher Diskurse wendet und eine Stärkung diplomatischer Kanäle fordert, positioniert sich als Korrektiv zu einer als hegemonial interpretierten Außenpolitik.

Personalpolitische Weichenstellungen im Bund

Die Parteiführung des BSW erfährt Ende November 2025 eine bedeutsame Umstrukturierung. Sahra Wagenknecht, die bisherige Co-Vorsitzende, kündigte am 10. November 2025 an, auf dem kommenden Bundesparteitag am 6. und 7. Dezember in Magdeburg nicht erneut für den Parteivorsitz zu kandidieren. Ihre zukünftige Rolle soll sich verstärkt auf strategische und inhaltliche Aufgaben konzentrieren, insbesondere auf den Aufbau und die Leitung einer neu geschaffenen Grundwertekommission der Partei. Diese Entscheidung wird als ein Schritt zur Etablierung einer breiteren Führungsperspektive interpretiert, die die kollektive Ausrichtung der Partei betonen soll.

Für die designierte Doppelspitze werden die aktuelle Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali und der Europaabgeordnete Fabio De Masi gehandelt. Ergänzend zu diesen Veränderungen wurde am 28. November 2025 bekannt gegeben, dass der amtierende Schatzmeister Ralph Suikat auf dem Bundesparteitag nicht erneut kandidieren, sich aber für die Position eines stellvertretenden Vorsitzenden bewerben wird. Als neue Schatzmeisterin ist Silke Heßberg aus Sachsen vorgesehen. Des Weiteren plant Michael Lüders, Nahostexperte und BSW-Vorstandsmitglied, ebenfalls als stellvertretender Vorsitzender zu kandidieren. Diese Personalien signalisieren eine Bestrebung zur Verbreiterung der Führungsebene und zur Integration von Expertise in verschiedenen Politikfeldern.

Kontroversen um die Bundestagswahl 2025 und die Forderung nach Neuauszählung

Eine zentrale Kontroverse, die das BSW in den letzten vier Tagen auf Bundesebene bestimmt hat, ist die anhaltende Forderung nach einer Neuauszählung der Bundestagswahl vom Februar 2025. Das BSW verpasste den Einzug in das Parlament mit 4,981 Prozent der Zweitstimmen äußerst knapp, wobei nach eigenen Angaben lediglich 9.529 Stimmen bundesweit zum Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde fehlten. Die Partei moniert „unrichtige Zuordnungen“ und „falsch ausgezählte“ Stimmen, unter anderem aufgrund von Verwechslungen mit der Partei „Bündnis Deutschland“.

Die Chancen für einen Erfolg im Wahlprüfungsausschuss des Bundestages schwinden jedoch. Ein negativer Beschlussvorschlag wurde den Ausschussmitgliedern zugestellt, der die Einsprüche des BSW als unbegründet zurückweisen soll. Dieser Bericht, der von „Table Media“ und „Politico“ zitiert wird, stellt fest, dass „kein mandatsrelevanter Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler festgestellt werden“ konnte.

Sahra Wagenknecht hat daraufhin am 27. November 2025 angekündigt, dass das BSW im Falle einer Ablehnung durch den Ausschuss den Klageweg vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschreiten wird. Die Parteigründerin kritisiert das deutsche Wahlprüfungsverfahren als „blamabel für eine Demokratie“, da es Abgeordnete zu „Richtern in eigener Sache“ mache. Sie betont, dass niemand angesichts des knappen Ergebnisses und belegter Unregelmäßigkeiten ausschließen könne, dass das BSW von mehr als fünf Prozent der Wähler gewählt wurde. Eine Neuauszählung sei ein „Dienst an der Demokratie“, der die Legitimation der aktuellen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) in Frage stelle, da ihr ohne das BSW möglicherweise die demokratische Mehrheit fehle. Die Unterstützung der Forderung nach einer Neuauszählung durch die AfD wird als strategische Konvergenz in dieser spezifischen Frage wahrgenommen, auch wenn dies nicht für eine Mehrheit im Ausschuss ausreichen würde.

Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen wird das BSW weiterhin vom Landesvorsitzenden Amid Rabieh geführt. Die Aktivitäten des Landesverbandes konzentrieren sich programmatisch auf wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit, die als Alternative zur bestehenden Landespolitik positioniert werden. Obwohl in den letzten vier Tagen keine spezifischen neuen Ereignisse oder Initiativen des BSW in Nordrhein-Westfalen berichtet wurden, unterstreicht die kontinuierliche Präsenz und die thematische Ausrichtung des Landesverbandes die Absicht, die Basisaktivitäten auszubauen und die politische Reichweite in diesem bevölkerungsreichen Bundesland zu stärken.

Bild: KI-Generiert (Symbolbild)


Redaktion (30.11.2025) – BSW Monitor