BSW: Eine neue politische Kraft zwischen Sozialismus und Konservatismus

Bündnis Sahra Wagenknecht: Eine Analyse von Strategie, Personalien und Kontroversen

Das Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW), als Partei offiziell am 8. Januar 2024 gegründet, hat sich rasch als eigenständige politische Kraft in der deutschen Parteienlandschaft etabliert. Die Gründung erfolgte nach einem längeren Prozess der Entfremdung von der Partei Die Linke, aus der Sahra Wagenknecht und weitere Abgeordnete im Oktober 2023 austraten.

Strategische Ausrichtung: Vernunft, soziale Gerechtigkeit und Frieden

Das BSW positioniert sich als eine Partei, die wirtschaftlich sozialistische Werte mit kulturellem und sozialem Konservatismus verbindet, und wird dabei oft als „links-konservativ“ oder „links-autoritär“ beschrieben. Die Partei vertritt dezidiert populistische und teilweise nationalistische Tendenzen und lehnt sich in der Außenpolitik an Positionen der Entspannung und Diplomatie an.

  • Wirtschaft und Soziales: Das BSW fordert eine Rückkehr zu wirtschaftlicher Vernunft, die Modernisierung der Infrastruktur und ein gerechteres Steuersystem, das Bürger und Unternehmen entlastet. Es kritisiert die „grüne Politik“ und setzt sich für niedrigere Energiepreise ein. Konkrete Forderungen umfassen die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, einen Mietpreisstopp in Hochpreisregionen bis 2030, die Abschaffung der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber selbstgenutzten Wohneigentums sowie die Eliminierung des CO2-Preises, der LKW-Maut und der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Die Partei strebt zudem eine Entlastung der Bürger durch die Abschaffung von Zusatzbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuerbefreiungen für Renten bis 2.000 Euro an, finanziert durch höhere Beiträge von Besserverdienenden und Großvermögen.
  • Außen- und Sicherheitspolitik: Das BSW bekennt sich zu einer Friedenspolitik im Sinne Willy Brandts und Michail Gorbatschows, die auf Diplomatie und Interessenausgleich statt auf Kalte-Kriegs-Logik setzt. Die Partei äußert Skepsis gegenüber der Unterstützung der Ukraine im Russisch-Ukrainischen Krieg und kritisiert die Unterstützung Israels im Krieg in Gaza. Zudem vertritt sie euroskeptische und antiamerikanische Ansichten und lehnt die Stationierung von US-Waffensystemen in Westdeutschland ab. Sahra Wagenknecht hat in diesem Kontext die Notwendigkeit von Gebietsabtretungen der Ukraine für einen Kompromiss mit Russland in den Raum gestellt.
  • Migration: In der Migrationspolitik tritt das BSW für eine Begrenzung der „unkontrollierten“ Migration ein und fordert eine geregelte Zuwanderung, die sich an der Integrationsfähigkeit der Kommunen orientiert.
  • Europapolitik: Obwohl nicht für eine Auflösung der EU plädierend, kritisiert das BSW Bestrebungen zu einem europäischen „Superstaat“ und setzt sich für mehr Entscheidungsbefugnisse der Mitgliedstaaten ein.

Personalien und ihre Entwicklung

Die Führungsspitze des BSW ist eng mit den Namen ihrer Gründerinnen verbunden, erlebt aber aktuell einen Wandel:

  • Sahra Wagenknecht: Die namensgebende Gründerin war bis zum 10. November 2025 Co-Vorsitzende der Partei. Sie hat diese Position abgegeben und den Europaabgeordneten Fabio de Masi als ihren Nachfolger benannt, kündigte jedoch an, weiterhin eine „aktive Führungsrolle“ im BSW zu behalten. Wagenknecht war von 2009 bis 2025 Mitglied des Bundestages, wird aber dem aktuellen Bundestag (der von Bundeskanzler Friedrich Merz geführt wird) nicht mehr angehören, da das BSW die Fünf-Prozent-Hürde knapp verfehlte.
  • Amira Mohamed Ali: Sie bleibt Co-Vorsitzende der Partei. Auch sie war bis 2025 Bundestagsabgeordnete.
  • Fabio de Masi: Der Europaabgeordnete ist als designierter Nachfolger von Sahra Wagenknecht im Parteivorsitz vorgesehen.
  • Christian Leye: Er ist der Generalsekretär des BSW.
  • NRW-Landesverband: Im September 2025 wählte der Landesparteitag in Bochum Andrej Hunko zum neuen Co-Vorsitzenden des BSW Nordrhein-Westfalen.

Das BSW im Bund, in NRW und auf europäischer Ebene

  • Im Bund: Im Februar 2024 konstituierte sich eine Gruppe von zehn Bundestagsabgeordneten des BSW, die von der Partei Die Linke übergetreten waren. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 verfehlte das BSW mit 4,981 Prozent der Zweitstimmen jedoch knapp die Fünf-Prozent-Hürde und ist somit nicht im Bundestag vertreten. Das BSW behauptet, es habe erhebliche Fehler bei der Auszählung gegeben und fordert eine Neuauszählung, da es Beweise für ausreichend Stimmen für den Einzug in den Bundestag gebe. Die aktuelle Bundesregierung wird von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geführt.
  • In Nordrhein-Westfalen (NRW): Der Landesverband Nordrhein-Westfalen hat im September 2025 sein Jugendbündnis gegründet. Das BSW konnte bei den Kommunalwahlen in NRW im September 2025 40 Sitze gewinnen. Die Landesregierung in NRW wird derzeit von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen geführt.
  • Im Europäischen Parlament: Bei der Europawahl 2024 erreichte das BSW 6,1 Prozent der Stimmen bundesweit und zog mit fünf Abgeordneten ins Europäische Parlament ein.
  • In den Ländern: Das BSW erzielte im Herbst 2024 zweistellige Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg und wurde dort jeweils drittstärkste Kraft. In Brandenburg und Thüringen ist die Partei seit Dezember 2024 an den jeweiligen Landesregierungen beteiligt.

Kontroversen und Herausforderungen

Das BSW sieht sich seit seiner Gründung mit verschiedenen Kontroversen konfrontiert:

  • Finanzierung: Die anfängliche Finanzierung durch einen Verein geriet in die öffentliche Kritik.
  • Abgrenzung zur AfD: Während das BSW eine Koalition mit der AfD ausschließt, warb Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali dafür, nicht alle parlamentarischen Initiativen der AfD grundsätzlich abzulehnen. Die Partei wird auch als mögliche Konkurrenz zur AfD gesehen, insbesondere im Osten Deutschlands, wo sie Wähler anziehen könnte.
  • Bundestagswahl 2025: Das knappe Verfehlen der Fünf-Prozent-Hürde und die daraufhin erhobenen Forderungen nach einer Neuauszählung sind eine zentrale aktuelle Kontroverse auf Bundesebene.
  • Mediale Wahrnehmung: Nach eigenen Angaben sieht sich das BSW einem spürbaren Widerstand seitens etablierter Parteien und Mainstream-Medien gegenüber, die es als „Störer“ wahrnehmen würden.

Quellen: