Saudi-Arabien und die USA: Eine neue Ära der strategischen Partnerschaft unter dem Banner der Vision 2030


Fokus-Land heute: Saudi-Arabien

Mohammed bin Salmans Washington-Besuch: Saudi-Arabiens strategische Neuausrichtung

In den letzten zwei Wochen dominierte ein Thema die Schlagzeilen in Saudi-Arabien und fand weltweit Beachtung: Der lang erwartete Besuch von Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) in Washington und die daraus resultierenden weitreichenden strategischen Vereinbarungen mit den Vereinigten Staaten. Dieser Besuch, der erste seit über sieben Jahren, markiert eine signifikante Neuausrichtung der Beziehungen zwischen Riad und Washington und ist eng mit Saudi-Arabiens ambitionierter Wirtschaftsreformagenda, der Vision 2030, verknüpft.

Hintergründe einer komplexen Allianz

Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den USA waren in den vergangenen Jahren, insbesondere nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018, von Spannungen geprägt. Mohammed bin Salmans aktuelle Reise, die von Analysten als „Comeback-Tour“ bezeichnet wird, signalisiert eine Phase der politischen Rehabilitation und der Vertiefung der Partnerschaft. Für Saudi-Arabien ist die Diversifizierung der Wirtschaft weg von der reinen Ölabhängigkeit, wie sie in der Vision 2030 festgelegt ist, von entscheidender Bedeutung. Diese Vision zielt darauf ab, die Wirtschaft zu beleben, die Beteiligung des Privatsektors zu erhöhen und neue Industrien wie künstliche Intelligenz, Tourismus und Bergbau zu entwickeln.

Die geopolitische Landschaft des Nahen Ostens, geprägt durch den Gaza-Krieg und den Israel-Iran-Konflikt im Juni 2025, hat ebenfalls die Dringlichkeit für Riad erhöht, seine Sicherheitsbeziehungen zu festigen und seine Position als stabilisierende Kraft in der Region auszubauen.

Die Akteure und ihre Ambitionen

Kronprinz Mohammed bin Salman, der de facto Herrscher Saudi-Arabiens, verfolgt mit Nachdruck die Ziele der Vision 2030. Sein Besuch in Washington, bei dem er sich mit Präsident Donald Trump traf, war darauf ausgelegt, die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Bande zu den USA zu stärken. Saudi-Arabien strebt dabei feste Sicherheitsgarantien, den Erwerb fortschrittlicher Militärtechnologie wie F-35-Kampfjets und Unterstützung für sein ziviles Nuklearprogramm an.

Präsident Trump seinerseits betonte die strategische Bedeutung Saudi-Arabiens und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit in Wirtschafts- und Sicherheitsfragen. Die US-Regierung ist daran interessiert, die Technologieexporte auszubauen, globale Lieferketten zu stärken und die regionale Stabilität zu fördern.

Wirtschaftliche Weichenstellungen für die Zukunft

Ein zentraler Bestandteil des Besuchs war das US-Saudi Investment Forum, das am 19. November im Kennedy Center stattfand. Hier wurden zahlreiche Abkommen in Sektoren wie künstliche Intelligenz (KI), Gesundheitswesen, Infrastruktur, Energie und Finanzdienstleistungen auf den Weg gebracht. Saudi-Arabien sicherte sich den Zugang zu modernsten amerikanischen KI-Systemen und es wurden Deals zur Errichtung einer Raffinerie für Seltene Erden im Königreich bekannt gegeben. Diese Initiativen sind direkte Beiträge zur Vision 2030, die darauf abzielt, Saudi-Arabiens Wirtschaft zu diversifizieren und es zu einem globalen Innovationszentrum zu machen. Die Investitionen sollen von derzeit 600 Milliarden US-Dollar auf fast 1 Billion US-Dollar ansteigen, was ein starkes Vertrauenssignal in die US-Wirtschaft darstellt.

Zudem wurde die King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) kürzlich Heimat des leistungsstärksten Supercomputers im Nahen Osten, Shaheen III, der die Forschung im Einklang mit den Prioritäten der Vision 2030 vorantreiben soll, insbesondere in den Bereichen KI und Klima.

Sicherheitspolitische Dimensionen

Die sicherheitspolitischen Errungenschaften des Besuchs waren ebenfalls von großer Tragweite. Die USA erklärten Saudi-Arabien zu einem „Major Non-NATO Ally“ (MNNA) und unterzeichneten ein strategisches Verteidigungsabkommen. Dies stärkt die Abschreckungsfähigkeit Saudi-Arabiens und verschiebt das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten. Darüber hinaus wurde der Verkauf von F-35-Kampfjets an Saudi-Arabien genehmigt, was als bedeutender Schritt zur Modernisierung der saudischen Luftstreitkräfte gilt. Die Gespräche umfassten auch die Zusammenarbeit im Bereich der zivilen Kernenergie, ein kontroverses Thema, das jedoch für Saudi-Arabiens langfristige Energieunabhängigkeit von Bedeutung ist.

Stimmung im Land und die Schattenseiten

Innerhalb Saudi-Arabiens dürfte die Stimmung angesichts dieser diplomatischen und wirtschaftlichen Erfolge von Optimismus und Nationalstolz geprägt sein. Die Fortschritte bei der Vision 2030 und die gestärkte internationale Position des Königreichs werden als Bestätigung des eingeschlagenen Kurses wahrgenommen. Die sozialen Reformen im Rahmen der Vision 2030, wie die zunehmende Rolle der Frauen in der Arbeitswelt, tragen ebenfalls zu einem Gefühl des Fortschritts bei.

International bleiben jedoch Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien bestehen. Menschenrechtsorganisationen nutzten den Besuch des Kronprinzen, um die US-Regierung auf die anhaltende Repression von Dissidenten, die hohe Zahl von Hinrichtungen und die Missstände im Justizsystem aufmerksam zu machen. Diese Kritik, die auch die Rolle von MBS bei der Ermordung Khashoggis und die Verfolgung von Online-Kritikern umfasst, wirft einen Schatten auf die strahlende Fassade der Modernisierung. Dennoch scheint die ökonomische und sicherheitspolitische Bedeutung Saudi-Arabiens für die USA die Menschenrechtsbedenken in der aktuellen diplomatischen Agenda zu überwiegen.

Ein Blick in die Zukunft

Der jüngste Washington-Besuch von Kronprinz Mohammed bin Salman und die unterzeichneten Abkommen markieren einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den USA. Sie festigen eine strategische Partnerschaft, die über traditionelle Ölinteressen hinausgeht und neue Bereiche wie Technologie, Verteidigung und Energie umfasst. Für Saudi-Arabien sind diese Vereinbarungen ein entscheidender Impuls für die Verwirklichung der Vision 2030 und die Etablierung des Königreichs als eine zentrale Macht in einer sich wandelnden globalen Ordnung. Die langfristigen Auswirkungen dieser verstärkten Zusammenarbeit werden die politische und wirtschaftliche Landschaft des Nahen Ostens und darüber hinaus maßgeblich prägen.

Symbolbild: Pixabay / wal_172619


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