
Zwei Zitate, beide aus der Kreisverwaltung:
„Der Rhein-Sieg-Kreis mit seinen 19 Städten und Gemeinden zählt zu den Regionen mit der dynamischsten Wirtschaftsentwicklung in Deutschland“ (Quelle: 1).
„Die Kolleg(innen) des Sozialen Dienstes treffen immer wieder auf große Armut in Windeck: So gibt es in manchen Familien keinen Strom, trotz starker Kälte keine funktionierende Heizung und warmes Wasser und/ oder fehlende Essensvorräte, manchmal sind Haushalte ohne Kühlschrank.“, Quelle: Jugendhilfeausschuss 2018-06-07 – Bericht Fallzahlentwicklung
Am 07.06.2018 tagte der Jugendhilfeausschuss des Rhein-Sieg-Kreises. Auf der Tagesordnung stand die Fallzahlentwicklung im Bereich der erzieherischen Hilfen. Darüber werden die Ausschussmitglieder jährlich informiert. Das Kreisjugendamt ist dabei nur für die acht Kommunen zuständig, die keine eigenen Jugendämter unterhalten. Das sind Alfter, Eitorf, Much, Neunkirchen-Seelscheid, Ruppichteroth, Swisttal, Wachtberg und Windeck.
Insgesamt sind die Fallzahlen im Bereich des Kreisjugendamtes seit 2015 zwar zurückgegangen (teilweise aufgrund geänderter statistischer Erfassung), dies gilt jedoch nicht für Neunkirchen-Seelscheid, Eitorf und Windeck. Die vorgestellten Zahlen für den östlichen Rhein-Sieg-Kreis, und ganz besonders für Windeck, sind alljährlich dramatisch. Hier einige Auszüge aus dem Bericht, wobei der Fokus dieser Auszüge auf Windeck liegt. Der komplette Bericht (50 Seiten) ist am Ende dieses Textes verlinkt. Außerdem habe ich eine Tabelle mit den wichtigsten Kennzahlen erstellt.
Besonders bedrückend, ist, dass es sich um eine langjährige Entwicklung handelt. Die hohen Zahlen werden vom Jugendamt teilweise schon als traditionell hoch bezeichnet. Natürlich spielen bei diesen Zahlen auch die in den letzten Jahren angekommenen Flüchtlinge eine Rolle. Sie erklären aber nicht, weshalb Windeck schon seit Jahren in einer derartigen Intensität betroffen ist. Deutlich wird dagegen an vielen Stellen, dass Armut eine der Hauptursachen ist. Dies liest sich auch aus dem Vergleich der Zahlen von Wachtberg, als reichster Kommune und Windeck, als ärmster Kommune im Kreis. So ist im Windeck mehr als jedes 10 Kind auf erzieherische Hilfen des Jugendamtes angewiesen. In Wachtberg benötigt dagegen „nur“ jedes 36te Kind diese Hilfe. Im Bericht wird als eine Ursache erwähnt, dass viele Familien, oft mit vielen Kindern, zuziehen, die bereits vorher auf entsprechende Hilfen angewiesen waren. Insgesamt jedoch ist der Anteil der Kinder (unter 18) in Windeck mit ca. 16% sogar niedriger wie in Wachtberg mit ca. 19%. Der Anteil der Haushalte mit Kindern im betrachteten Gebiet liegt überall bei ca. 10%. Auch die Quote von Alleinerziehenden, die auf Hartz IV angewiesen sind ist in Windeck mit annähernden 30 % mehr als doppelt so hoch wie in Wachtberg.
Es scheint fast so, als hätten sich alle Beteiligten mit den hohen Zahlen abgefunden. Selbstverständlich hilft das Jugendamt, wo es kann. Die zugrundeliegenden Probleme, insbesondere die Armut jedoch kann das Jugendamt nicht beseitigen.
Wir dürfen uns damit nicht abfinden. Darum werden wir verschiedene Vorschläge zur Bekämpfung der Armut vorlegen.