Am 4. Dezember 2025 tagt der Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises. Auf der Tagesordnung steht ein Punkt, der auf den ersten Blick trocken wirkt, aber unseren Alltag massiv beeinflusst: der Beteiligungsbericht 2024.
Viele Bürger wissen gar nicht, dass der Rhein-Sieg-Kreis nicht nur eine Verwaltung ist, sondern auch ein riesiges Wirtschaftsunternehmen. Wir sind an Busunternehmen, Müllentsorgern, Wohnungsbaugesellschaften und sogar Flughäfen beteiligt. Warum machen wir das? Weil es um die Daseinsvorsorge geht – also darum, dass der Bus fährt, der Müll abgeholt wird und bezahlbarer Wohnraum entsteht.
Hier ist der Überblick, wie der „Konzern Rhein-Sieg-Kreis“ im Jahr 2024 gewirtschaftet hat.
Die Spinne im Netz: Die Kreisholding
Damit die Gewinne des einen Unternehmens (z. B. Wohnungsbau) die Verluste des anderen (z. B. Busverkehr) steuerlich ausgleichen können, nutzt der Kreis die „Kreisholding Rhein-Sieg GmbH“.
Das Prinzip ist simpel: Gewinne müssen versteuert werden. Wenn man sie aber direkt mit Verlusten verrechnet, spart der Kreis Geld. Im Jahr 2024 weist die Kreisholding dennoch einen Jahresfehlbetrag von rund 51,8 Millionen Euro aus. Woher kommt dieses massive Loch? Es liegt daran, dass der öffentliche Nahverkehr strukturell bedingt viel Geld kostet – mehr, als die anderen Sparten erwirtschaften können.
Der Kostentreiber: Bus und Bahn (RSVG & RVK)
Der größte Brocken im Beteiligungsbericht ist der Verkehr. Mobilität ist teuer, aber notwendig. Das Defizit der Holding speist sich aus zwei großen Quellen:
- Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG): Unsere eigene Busgesellschaft hat das Jahr 2024 mit einem Fehlbetrag von rund 31,9 Millionen Euro abgeschlossen. Die Holding musste hierfür sogar 36,7 Millionen Euro an Verlustausgleich bereitstellen. Das Ergebnis ist zwar besser als befürchtet (dank Ausgleichszahlungen für das Deutschlandticket und günstigeren Dieselpreisen), bleibt aber eine enorme Belastung.
- Regionalverkehr Köln (RVK): Oft vergessen, aber teuer: Für die RVK, die viele Verbindungen im linksrheinischen Kreisgebiet bedient, musste die Holding weitere 15,3 Millionen Euro Verlustausgleich zahlen.
- Dazu kommt die SSB (Elektrische Bahnen), die uns mit Bonn verbindet. Hier musste ein Verlust von rund 17,5 Millionen Euro ausgeglichen werden, wovon der Kreis direkt fast 10 Millionen Euro trägt.
Wir leisten uns diese Verluste bewusst, weil ein funktionierender Nahverkehr für Schüler, Pendler und Senioren unverzichtbar ist. Aber die Finanzierungslücke beim Deutschlandticket wird uns noch massiv beschäftigen.
Die Saubermänner: RSAG (Müllentsorgung)
Ganz anders sieht es bei der Müllentsorgung aus. Die RSAG steht wirtschaftlich sehr solide da.
Die RSAG AöR (Anstalt des öffentlichen Rechts) konnte einen Jahresüberschuss von rund 2,6 Millionen Euro erwirtschaften. Auch die RSAG mbH (die Besitzgesellschaft) machte einen Gewinn von rund 5,3 Millionen Euro. Hier profitieren die Gebührenzahler und der Kreis von einer effizienten Struktur.
Wohnen: Gewinne müssen investiert werden!
Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) hat 2024 einen Überschuss von 3,9 Millionen Euro erzielt. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft für den Rhein-Sieg-Kreis mbH (GWG) schüttet ihre Gewinne nicht direkt an den Kreis aus, sondern an ihre Gesellschafterin, die Kreisholding Rhein-Sieg GmbH, welche wiederum zu 100 % dem Rhein-Sieg-Kreis gehört. Die Kreisholding verzeichnete Beteiligungserträge von der GWG in Höhe von 1,4 Millionen Euro. Der Rhein-Sieg-Kreis hält über die Kreisholding rund 61,9 % der Anteile an der GWG. Die übrigen Gewinne entfallen auf die anderen Gesellschafter (Städte und Gemeinden) oder verbleiben als Rücklagen im Unternehmen.
Dass dieses Geld jedoch nicht zu 100 % zurück in den Bau bezahlbarer Wohnungen fließt, ist ein massiver Kritikpunkt. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und hohen Baupreisen darf die GWG keine „Cash-Cow“ sein, um andere Löcher zu stopfen – jeder Euro Gewinn gehört in den sozialen Wohnungsbau investiert.
Die vielen Kleinen: Auch Kleinvieh macht Mist
Neben den großen Blöcken gibt es viele kleine Beteiligungen, die in der Summe den Haushalt belasten. Oft geht es hier um Wirtschaftsförderung oder Prestige:
- Die Energieagentur Rhein-Sieg kostete den Kreis im letzten Jahr rund 527.000 Euro Zuschuss.
- Für die Mitgliedschaft in der Region Köln/Bonn e.V. zahlten wir rund 275.000 Euro.
- Auch der Tourismus (T&C GmbH, Das Bergische) wird mit rund einer Viertelmillion Euro jährlich bezuschusst.
- Energieagentur Rhein-Sieg: Hier hat der Kreis 2024 rund 527.000 € zugeschossen.
- Region Köln/Bonn e.V.: Kostet den Kreis rund 275.000 € Beitrag.
- Tourismus: Für „Das Bergische“ und die „Tourismus & Congress GmbH“ zahlte der Kreis zusammen rund 250.000 €.
- Flughafen Köln/Bonn: Er macht zwar Gewinn (12,7 Mio. €), schüttet diesen aber nicht aus, sondern steckt ihn in die Rücklagen. Der Kreis hat hier also kein direktes Einkommen, trägt aber als Anteilseigner Verantwortung.
- Flugplatz Hangelar: Schreibt eine kleine schwarze Null (50.000 € Gewinn), die vorgetragen wird.

Hier muss der Kreistag genau hinschauen: Steht der Nutzen für den Bürger noch im Verhältnis zu den Kosten?
Schuldenlast und Risikobewertung 2024
1. Überblick: Die Struktur der Schulden
Die Gesamtverbindlichkeiten der Unternehmen summieren sich auf über 1 Milliarde Euro. Allerdings ist diese Zahl irreführend, wenn man sie nicht differenziert. Ein Kredit für ein Mietshaus (GWG) ist wirtschaftlich anders zu bewerten als ein Kredit, um laufende Löhne bei einem defizitären Busunternehmen zu zahlen.
2. Detaillierte Analyse nach Sektoren
A) Verkehr: Hohe Abhängigkeit und interne Verflechtungen
Der Verkehrssektor hat hohe Verbindlichkeiten, die oft durch Vermögenswerte (Busse) oder durch den Kreis selbst gedeckt sind.
- Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG):
- Gesamtverbindlichkeiten: ca. 52,3 Mio. €
- Intern (Risiko bereits im Haus): Ein erheblicher Teil dieser Schulden besteht gegenüber den Gesellschaftern (also dem Rhein-Sieg-Kreis und der Kreisholding). Das beinhaltet Darlehen, die der Kreis für die Busbeschaffung gegeben hat, sowie Tagesgeldkredite.
- Extern: Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (z. B. Diesel, Werkstätten).
- Bewertung: Die „Schulden“ der RSVG sind zu großen Teilen interne Verrechnungen. Fällt die RSVG aus, verliert der Kreis das verliehene Geld, muss aber nicht zwingend sofort frisches Geld an Dritte nachschießen.
- Regionalverkehr Köln (RVK):
- Gesamtverbindlichkeiten: ca. 93,4 Mio. €
- Intern: Es bestehen zwei Darlehen gegenüber der Kreisholding in Höhe von 4,0 Mio. €.
- Extern: Der Großteil sind Bankkredite für die Flotte.
- Sicherheit: Viele Kredite sind durch Sicherungsübereignung der Busse (z. B. Wasserstoffbusse) oder Grundschulden (Verwaltungsgebäude Meckenheim) gedeckt. Das Risiko liegt also primär auf den Sachwerten.
B) Entsorgung: Das direkte Bürgschaftsrisiko
Hier liegt ein konkretes Risiko für den Kreishaushalt, da der Kreis für externe Kredite bürgt.
- RSAG mbH (Besitzgesellschaft):
- Gesamtverbindlichkeiten: ca. 35,4 Mio. €
- Intern: Darlehen von der RSAG AöR.
- Extern & Risiko: Es bestehen Bankverbindlichkeiten. Wichtig: Diese Kredite sind laut Bericht überwiegend durch Bürgschaften des Rhein-Sieg-Kreises gesichert.
- Bedeutung: Wenn die RSAG mbH zahlungsunfähig würde (was aufgrund der Gewinnlage unwahrscheinlich ist), müsste der Kreis direkt einspringen und die Kredite bedienen.
C) Wohnungsbau: Investive Schulden
- GWG (Wohnungsbau):
- Gesamtverbindlichkeiten: ca. 57,7 Mio. €
- Struktur: Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um externe Bankdarlehen zur Finanzierung von Bauprojekten.
- Risiko: Diese Schulden gelten als risikoarm („gute Schulden“), da ihnen Immobilienwerte gegenüberstehen und die Zinsen durch Mieteinnahmen gedeckt werden. Es sind keine direkten Bürgschaften des Kreises für diese Kredite im Bericht vermerkt; die Sicherheit ist die Immobilie selbst (Grundschuld).
D) Die „Riesen“: Versorgung und Flughafen
Diese Unternehmen haben massive externe Schulden, aber der Kreis haftet in der Regel nur mit seiner Einlage, nicht direkt für die Kredite (außer es gäbe gesonderte Beschlüsse).
- Energie- und Wasserversorgung (EnW): ca. 320,5 Mio. € (gedeckt durch Netze/Anlagen).
- Flughafen Köln/Bonn: ca. 265,5 Mio. € (finanziert durch Flugbetrieb/Immobilien).
3. Zusammenfassung der Risiken für den Kreishaushalt
Man muss drei Risikoklassen unterscheiden:
- Das „Harte“ Risiko (Bürgschaften): Dies betrifft vor allem die RSAG mbH. Hier steht der Kreis mit seiner Unterschrift gerade. Da die RSAG profitabel ist, ist das Eintrittsrisiko gering, aber die Haftungssumme existiert formal.
- Das Interne Risiko (Abschreibungen): Der Kreis und die Holding haben Darlehen an die RSVG und RVK vergeben (u.a. ca. 4 Mio. € via Holding). Wenn diese Gesellschaften crashen, ist dieses Geld weg. Es muss im Kreishaushalt abgeschrieben werden, was das Eigenkapital des Kreises schmälert.
Das Laufende Risiko (Verlustausgleich): Das größte faktische Risiko ist nicht die bestehende Schuldenlast, sondern die Verpflichtung zum jährlichen Verlustausgleich im Verkehrssektor (RSVG/RVK/SSB). Diese „Dauerschuld“ belastet den Haushalt jedes Jahr aufs Neue mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag, unabhängig von den bilanzierten Altschulden.
Das Artikelbild wurde von Gemini erstellt.



