Peking schlägt zurück: Taiwan-Äußerungen Japans entfachen diplomatischen und wirtschaftlichen Sturm


Fokus-Land heute: China

Einleitung: Die Taiwan-Frage – Zündstoff zwischen Peking und Tokio

Die Beziehungen zwischen China und Japan sind in den letzten zwei Wochen in eine tiefe Krise gerutscht. Auslöser war eine Äußerung der japanischen Premierministerin Sanae Takaichi, die eine militärische Beteiligung Japans im Falle einer chinesischen Invasion Taiwans ins Spiel brachte. Peking reagierte mit scharfer Verurteilung, diplomatischen Protesten und einer Reihe empfindlicher wirtschaftlicher Gegenmaßnahmen, die die ohnehin fragilen Beziehungen zwischen den beiden asiatischen Großmächten auf einen neuen Tiefpunkt führten.

Die provokante Rhetorik und ihre Hintergründe

Die japanische Premierministerin Sanae Takaichi erklärte Anfang November im Parlament, dass Japan militärisch eingreifen könnte, sollte China versuchen, Taiwan zu erobern. Sie bezeichnete ein solches Szenario als eine „die Existenz Japans bedrohende Situation“, eine Einstufung, die es Japan laut seiner Sicherheitsgesetzgebung von 2015 erlauben würde, kollektive Selbstverteidigung zu leisten und militärisch zur Unterstützung von Verbündeten aktiv zu werden, selbst wenn Japan nicht direkt angegriffen wird. Diese Äußerungen sind besonders brisant, da Japan offiziell die „Ein-China-Politik“ anerkennt, jedoch gleichzeitig enge inoffizielle Beziehungen zu Taiwan unterhält.

Für China ist Taiwan eine „Kerninteressenfrage“ und untrennbarer Bestandteil seines Territoriums. Jede Andeutung einer externen militärischen Einmischung in die Taiwan-Frage wird von Peking als grobe Verletzung seiner Souveränität und als rote Linie betrachtet. Die chinesische Regierung sieht in Takaichis Worten eine fundamentale Aushöhlung der politischen Grundlage der chinesisch-japanischen Beziehungen und eine schwerwiegende Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas.

Pekings entschlossene Antwort: Diplomatie und Wirtschaft als Waffen

Die Reaktion Pekings ließ nicht lange auf sich warten und war vielschichtig. Das chinesische Außenministerium, vertreten durch Sprecherin Mao Ning, verurteilte Takaichis Äußerungen scharf und forderte Japan auf, diese zurückzuziehen und „Provokationen in China betreffenden Fragen einzustellen“. China warnte vor „ernsthaften und entschlossenen Gegenmaßnahmen“, sollte Japan seine „falsche Richtung fortsetzen“. Peking ging sogar so weit, Japans Bewerbung um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat infrage zu stellen, da ein Land, das „so handle, völlig unqualifiziert“ sei.

Die diplomatische Eskalation wurde schnell von wirtschaftlichen Maßnahmen begleitet. Berichten zufolge verhängte China ein erneutes umfassendes Importverbot für japanische Meeresfrüchte. Dies geschah nur wenige Wochen, nachdem der Handel nach einer früheren, im Jahr 2023 verhängten Sperre – ausgelöst durch die Einleitung von behandeltem Fukushima-Abwasser – mühsam wieder aufgenommen worden war. Dieses Verbot trifft die japanische Fischereiindustrie hart und dient als deutliches Signal Pekings.

Auch der Tourismussektor ist betroffen: Schätzungsweise Hunderttausende chinesischer Reisender haben ihre Flüge nach Japan storniert, und chinesische Fluggesellschaften bieten kostenlose Stornierungen an. Die chinesische Regierung hat zudem eine Reisewarnung für Japan herausgegeben. Diese Maßnahmen haben bereits zu einem Rückgang der Aktienkurse japanischer Einzelhandels- und Reiseunternehmen geführt. Parallel dazu wurden chinesische Küstenwachschiffe in den Gewässern um die von Japan verwalteten Senkaku-Inseln (von China als Diaoyu-Inseln beansprucht) gesichtet, was die Spannungen weiter verschärft.

Die Stimmung im Land: Zwischen Nationalismus und Besorgnis

In China selbst ist die Stimmung von starker Empörung und wachsendem Nationalismus geprägt. Die staatlich kontrollierten Medien berichten ausführlich über die „provokativen“ Äußerungen Japans und die „gerechten“ Gegenmaßnahmen Pekings. Die öffentliche Meinung, die stark von diesen Narrativen beeinflusst wird, zeigt sich solidarisch mit der Regierungslinie. Viele Chinesen sehen in Takaichis Worten eine unzulässige Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten und eine Bedrohung der nationalen Einheit. Die Stornierung von Reisen und der Boykott japanischer Produkte werden von Teilen der Bevölkerung als patriotische Pflicht wahrgenommen.

Gleichzeitig gibt es unter der Oberfläche auch eine gewisse Besorgnis über die wirtschaftlichen Auswirkungen derartiger Konflikte. Obwohl die staatlichen Medien die Widerstandsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft betonen, haben die jüngsten Wirtschaftsdaten, die einen starken Rückgang der Anlageinvestitionen im Oktober 2025 zeigten, Anlass zur Sorge gegeben. Eine weitere Eskalation der Handelsbeziehungen mit einem wichtigen Nachbarn wie Japan könnte die Erholung der chinesischen Wirtschaft zusätzlich belasten.

Akteure und Ausblick

Die Hauptakteure in dieser Eskalation sind die Regierungen Chinas und Japans. Auf chinesischer Seite agiert das Außenministerium als Sprachrohr der kommunistischen Führung, die unter Xi Jinping eine zunehmend selbstbewusste und unnachgiebige Außenpolitik verfolgt. Auf japanischer Seite hat Premierministerin Takaichi, die erst kürzlich ihr Amt angetreten hat, mit ihren Äußerungen einen Kurswechsel in der öffentlichen Debatte über Taiwans Sicherheit angedeutet. Auch die jüngste Visite der taiwanesischen Vizepräsidentin Hsiao Bi-Khim in Brüssel, die von China scharf kritisiert wurde, unterstreicht die zunehmende internationale Dimension der Taiwan-Frage.

Die aktuellen Spannungen sind nicht nur ein diplomatisches Geplänkel, sondern ein Ausdruck tieferliegender geopolitischer Verschiebungen in der Region. Die Taiwan-Frage bleibt ein potenzieller Brandherd. Die chinesische Führung wird weiterhin jede wahrgenommene Bedrohung ihrer Souveränität über Taiwan mit aller Härte beantworten. Ob die diplomatischen Bemühungen, wie die Entsendung eines hochrangigen japanischen Diplomaten nach Peking, die Spannungen wieder beruhigen können, bleibt abzuwarten. Die Gefahr einer weiteren Eskalation, sowohl diplomatisch als auch wirtschaftlich, ist real und wird die Region in den kommenden Wochen und Monaten in Atem halten.

Symbolbild: Pixabay / lucasgeorgewendt


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