Karin Keller-Sutter: Schweiz hat bereits ‚genug Umverteilung‘

Zum Postulat einer ‚ausreichenden‘ Umverteilung: Eine kritische Einordnung der Äußerungen von Karin Keller-Sutter

Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hat sich am Sonntag, den 30. November 2025, anlässlich der Ablehnung einer Erbschaftssteuerinitiative in der Schweiz mit der prägnanten Aussage positioniert: „Wir haben schon heute genug Umverteilung.“ Diese Äußerung, die im Kontext der nationalen Debatte um eine Erbschaftssteuer zur Finanzierung der Klimapolitik fiel, verdient eine eingehende Analyse aus einer kritisch-politökonomischen Perspektive.

Kontext und Implikationen der Aussage

Karin Keller-Sutter, die das Amt der Schweizer Bundespräsidentin innehat, äußerte sich nach der Abstimmung über die von der Juso lancierte Erbschaftssteuerinitiative, die eine Besteuerung von Nachlässen und Schenkungen über 50 Millionen Franken vorgesehen hätte. Die Stimmbevölkerung lehnte diese Initiative ab. Die Finanzministerin interpretierte das Votum als klares Bekenntnis zum Standort Schweiz und zur Funktionsfähigkeit des bestehenden Steuersystems. Sie betonte, dass Vermögensbesitzer bereits einen erheblichen Anteil zu den Steuereinnahmen beitrügen und „genug Umverteilung“ stattfinde. Ferner wies sie darauf hin, dass die Schweiz jährlich rund zwei Milliarden Franken in den Klimaschutz investiere, was das Anliegen der Initiative bereits erfülle.

Analyse aus Sicht des Manifests

Aus der Perspektive eines kritischen Politik- und Wirtschaftsverständnisses ist die Aussage Keller-Sutters, es gebe bereits „genug Umverteilung“, als entlarvend für eine tief verwurzelte Haltung innerhalb der politischen und wirtschaftlichen Eliten zu werten. Sie suggeriert eine soziale Sättigung im Bereich der Vermögensverteilung, die im Widerspruch zu der im Manifest geforderten Umverteilung von oben nach unten steht. Die Behauptung einer ausreichenden Umverteilung ignoriert die persistenten sozioökonomischen Disparitäten, die in vielen entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten sind und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Das Manifest postuliert explizit, dass soziale Gerechtigkeit eine kontinuierliche Umverteilung von Vermögen und Einkommen von den obersten zu den unteren Einkommensdritteln erfordert, um existenzsichernde Standards zu gewährleisten und eine Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.
Die Ablehnung einer Erbschaftssteuer, die primär extrem hohe Vermögen betroffen hätte, unterstreicht die Tendenz, bestehende Privilegien und Vermögenskonzentrationen zu schützen. Dies kann als ein Beispiel dafür gedeutet werden, wie die „Mächtigen“ – in diesem Fall vermögende Einzelpersonen und die sie verteidigende Politik – eine Politik durchsetzen, die leistungsloses Einkommen auf Kosten Dritter, hier der Allgemeinheit und zukünftiger Generationen im Kontext der Klimafinanzierung, perpetuiert. Das Argument, ein „faires Steuersystem“ sei bereits etabliert, kann somit als eine Rhetorik verstanden werden, die den Status quo verteidigt und notwendige strukturelle Reformen zur Herstellung echter sozialer Gerechtigkeit ablehnt. Das Schweizer Votum, das eine höhere Besteuerung von Mega-Erbschaften ablehnt, reflektiert somit eine gesellschaftliche und politische Dynamik, die der im Manifest geforderten klassenspezifischen Solidarität und der Notwendigkeit einer fundamentalen Umverteilung entgegensteht. Die Finanzierung wichtiger gesellschaftlicher Aufgaben wie des Klimaschutzes wird dadurch tendenziell auf weniger progressive Quellen verlagert, anstatt die „Überreichen“ adäquat zur Verantwortung zu ziehen.

Bild: KI-Generiert (Symbolbild)


Redaktion (30.11.2025) – Zitat-Robot