
Zu dem Ergebnis, dass dem damaligen Landrat Frithjof Kühn die Vergütungen für seine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der RWE nicht zustanden, sondern an den Rhein-Sieg-Kreis abzuführen waren, kommt Innenminister Jäger in seinem aktuellen Erlass an die Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen. Kühn war zum 1. Februar 2010 in als einer von zwanzig Mitgliedern in den Aufsichtsrat der RWE berufen worden. Bereits seit 2004 war er zuvor auch Aufsichtsratsmitglied der RWE-Rheinland-Westfalen AG und RWE Energy AG, Tochtergesellschaften des RWE und hatte dafür 531.171 Euro an Aufsichtsratsvergütungen erhalten. Diesen Betrag führte er unter Vorbehalt an den Kreis ab.
Als er nach der Kommunalwahl 2014 in den Ruhestand trat, forderte er diesen Betrag zurück. In der Presse äußerte er damals:
„Zur Kritik, er habe den Aufsichtsratsposten doch nur wegen seiner Landratstätigkeit erhalten, sagte er: „Ich leugne es nicht. Ich habe dadurch aber nur die Chance bekommen, als Privatmann mich, mit übrigens hohem persönlichen Einsatz, für RWE zu engagieren.“
Seine Forderung ließ er durch ein „Rechtsgutachten“, das er noch kurz zuvor in seiner Eigenschaft als Landrat – offensichtlich sehr ergebnisorientiert – seinem eigenen Rechtsamt in Auftrag gegeben hatte, bestätigen. Dieses „Gutachten“ kam „nach eingehender rechtlichen Prüfung“ zu dem Ergebnis, „dass keine Abführungspflicht für Herrn Kühn besteht und die abgeführten Vergütungen aus der Aufsichtsratstätigkeit deshalb an ihn zurück zu zahlen sind“. Dies wurde damit begründet, dass diese Aufsichtsratstätigkeit nicht seinem Hauptamt als Landrat zuzuordnen sei. Anders gesagt: Herr Kühn ist nicht aufgrund seiner Dienststellung als Landrat eines Kreises, der damals mit rund 1,4 Millionen RWE Aktien auch Anteilseigner des RWE war, sondern als reiner Privatmann in den Aufsichtsrat gewählt worden.
Zur Klärung der Rechtslage hatte sich die Kreistagsabgeordnete Anja Moersch, PIRATEN, bereits unmittelbar nach der Kommunalwahl an den Innenminister gewandt. Erst nach einer parlamentarischen Anfrage des MdL Torsten Sommer (Piraten-) im Landtag nahm der Innenminister im November 2014 Stellung. Er teilte mit, dass, „dass es sich um ein komplexes Thema handele und die sorgfältige Prüfung geraume Zeit in Anspruch nehme“.
Fünfzehn Monate später liegt nun das Ergebnis der Prüfung vor. Der Innenminister schreibt:
„Bei dem aus zwanzig Mitgliedern bestehendem Aufsichtsrat der RWE AG, von denen zehn von der Hauptversammlung nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes und zehn von den Arbeitnehmern nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes vom 04. Mai 1976 gewählt wurden, handelt es sich durchgehend um Persönlichkeiten in herausgehobenen Positionen in Verbänden, Wirtschaft und Politik. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die drei
kommunalen Vertreter, die herausgehobene Positionen in großen kommunalen Gebietskörperschaften besetzen bzw. besetzt haben, aufgrund ihrer Amtsstellung in den Aufsichtsrat berufen wurden. Auch insofern ist von einem Hauptamt auszugehen.
Die v.g. Ausführungen gelten sinngemäß für die Aufsichtsratstätigkeiten von Hauptverwaltungsbeamten in weiteren RWE-Gesellschaften. Auch dort wurden in der Mehrheit Persönlichkeiten in herausgehobenen Positionen in Verbänden, Wirtschaft und Politik berufen.“
Dazu Anja Moersch, Kreistagsabgeordnete der Piraten:„Es ist zu begrüßen, dass auch der Innenminister endlich zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist, zu dem jeder normale Bürger bereits Mitte 2014 gekommen ist. Bedenklich und unverständlich ist für mich nach wie vor, dass sowohl der damalige Landrat Kühn, immerhin Jurist, als auch das Rechtsamt des Kreises nicht zu dem gleichen Ergebnis kamen. Diese ganze „Kühn-Affäre“ hätte erst gar nicht entstehen dürfen“.
Frank Kemper, für die LINKEN im Kreistag ergänzt: „Es bleibt ein mehr als fader Nachgeschmack. Wie konnte es zu dem offensichtlich falschen Gutachten des Rechtsamts kommen? Der Eindruck, wonach die Juristen des Kreises die Rechtslage zu Gunsten des ehemaligen Landrats ausgelegt haben, ist fatal für das Ansehen des Kreises. Herr Kühn und die, seinerzeit für das Gutachten verantwortliche, Kreisdirektorin Heinze haben dem Rhein-Sieg-Kreis damit schwer geschadet.“