Kreishaus in Siegburg / Sitz des Kreistag des Rhein-Sieg Kreis

Frank Kemper, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion erklärt warum dieser Kreishaushalt radikal unsozial ist.

Liebe Bürger*innen, sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

bevor ich zum Haushaltsplan der nächsten zwei Jahre komme, ein paar Worte zur Gegenwart: Die aktuelle Situation schafft viele Unzufriedenheiten. Die Pandemiebekämpfung kommt nicht so schnell voran, wie wir das hoffen, immer noch ist weder genug Impfstoff vorhanden, noch sind ausreichend Schnelltests verfügbar. Ein weiterer Lockdown droht. Viele Menschen stehen vor massiven finanziellen Problemen, die Psysche wird durch die sozialen Einschränkungen extrem belastet. Da liegt es nahe, der berechtigten Unzufriedenheit freien Lauf zu lassen.

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Meist trifft das aber die falschen. Selbstverständlich gab es in der Pandemiebekämpfung Fehler, auch in der Kreisverwaltung. Wir haben das entsprechend kritisiert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Mitarbeiter*innen der Verwaltung täglich alles tun, um der Situation gerecht zu werden. Das wird ihnen gerade jetzt von Bund, Land und den Umständen nicht leicht gemacht. Wir sehen es gerade nahezu täglich an den Impfzentren, nicht nur im Rhein-Sieg-Kreis. Die Situation ist nicht hinnehmbar, aber nicht hier im Kreis verursacht, nur: Hier müssen die Betroffenen ausbaden, was woanders verbockt wurde.

Und darum möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Mitarbeiter*innen der Verwaltung bedanken. Das was Ihnen derzeit abverlangt wird, ist schon viel, aber sie legen noch eine Schippe drauf, obwohl Ihnen gelegentlich Knüppel zwischen die Beine geworfen werden: Danke

Einen Haushalt inmitten einer Pandemie zu verabschieden, einer Pandemie die begleitet wird von der stärksten Wirtschaftkrise seit Jahrzehnten, das ist schon eine Herausforderung. Schließlich müssen wir damit rechnen, dass alle Prognosen sich am Ende als Kaffeesatzleserei herausstellen.

Dass dennoch wieder ein Doppelhaushalt verabschiedet werden soll, erfüllt unserer Ansicht nach, nicht die Anforderungen an eine seriöse Haushaltsplanung. Und doch haben wir dieses mal keinen Antrag gestellt, um wieder zu einem einjährigen Haushalt zurückzukehren. Zweimal haben wir das in der Vergangenheit versucht und beide Male keine Mehrheit erhalten. Unsere Haltung dürfte also bekannt sein.

Aber auch, wenn wir von der Gültigkeitsdauer absehen, kommen wir zu einem Fazit: Dieser Haushalt ist radikal unsozial und für uns nicht zustimmungsfähig.

Für dieses vernichtende Urteil gibt es gute Gründe:

Kommen wir zur Gesundheitsversorgung: Krankenhausabteilungen werden geschlossen, ganze Krankenhäuser stehen auf der Kippe, auf dem Land wird der Ärztemangel trotz diverser Maßnahmen immer größer. Und schon vor der Coronakrise hat das Rechnungsprüfungsamt des Rhein-Sieg-Kreises festgestellt, dass die Arbeit des Kreisgesundheitsamtes massive Mängel in der Hygienekontrolle aufweist. Diesen nicht-öffentlichen Bericht habe ich veröffentlicht. Dafür wurde mir ein Ordnungsgeld in Höhe von 250,- € auferlegt.

DIE LINKE im Kreistag will sich mit dem Abbau der Gesundheitsversorgung nicht zufriedengeben. Wir hatten beantragt eine Studie erstellen zu lassen. Damit sollte geprüft werden, wie sich der Abbau der Gesundheitsversorgung stoppen lässt, ob der Kreis beispielsweise Kliniken selber übernehmen und Landärzte selber anstellen kann. Unser Antrag wurde abgelehnt, in der Begründung hieß es, man müsse schon sehr kreativ sein, einen solchen Vorschlag zu machen.

Welchen Plan aber hat die Koalition aus CDU und Grünen um die Gesundheitsversorgung im Kreis sicherzustellen? Mit einem Wort: Keinen.

Stattdessen verweisen sie auf Land und Bund. Das ist nicht ganz falsch: Das Land verantwortet den Krankenhausbedarfsplan, den zwar noch die SPD und die Grünen aufgestellt haben, der aber von der CDU/FDP Landesregierung weiterverfolgt wird. Die Fallpauschalen, hat der Bund 2005 in Verantwortung von SPD und Grünen beschlossen. Bis heute hält auch die regierende CDU daran fest.

Der gemeinsame Nenner lautet SPD und CDU: Auf allen Ebenen ist es besonders die CDU, die die Privatisierung und den Abbau der Gesundheitsversorgung vorantreibt. Und da wo es möglich ist, nehmen dann einige der Verantwortlichen auch gleich noch ein paar Hunderttausend Euro als Beraterhonorare oder Provisionen mit. Da sind sie dann auch ganz besonders kreativ.

Wir stellen also fest: Dieser Haushalt beinhaltet keinen Plan zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im Rhein-Sieg-Kreis.

Seit Jahren ist bekannt, dass im Kreisgebiet viel zu wenige bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen. Mittlerweile ist das Problem, zumindest für die ärmeren Teile der Bevölkerung, zu einer ausgewachsenen Wohnungsnot geworden.

Dabei besitzt der Kreis, zusammen mit einigen der Kommunen, eine eigene Wohnungsbaugesellschaft. Die Linksfraktion hat beantragt, diese Gesellschaft massiv zu stärken. Die SPD hat einen Änderungsantrag zu unserem Antrag gestellt, den wir mitgetragen haben. Das Ziel blieb das gleiche.

Auch dies wurde abgelehnt. Aber nicht nur das, nicht einmal das Geld, welches von der GeWo erwirtschaftet wird, soll sie wieder in den Wohnungsbau investieren dürfen. Mehr als 700.000,- € Gewinn soll die GeWo jedes Jahr an die Kreisholding abführen.

Dafür wird ein Förderprogramm von 150.000,- € aufgelegt. Dies soll privaten Investoren zugutekommen, die sich 20 Jahre lang verpflichten, ihre damit geschaffenen Wohnungen sozial Benachteiligten zur Verfügung zu stellen.

Da fragen wir CDU und Grüne: Schämen Sie sich denn gar nicht mehr? Wollen Sie die Menschen verhöhnen?

Sie nehmen 720.000,- € Gewinn aus der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft und rühmen sich damit, dass sie 150.000,- € an private Investoren geben, die damit nur für 20 Jahre gebunden sind und die verfügbaren Grundstücke der GeWo wegkaufen.

Offensichtlich haben CDU und Grüne hier einen Plan: Nämlich Reiche reicher zu machen und dafür hinzunehmen, dass Arme noch ärmer werden.

Einen Plan zur Bekämpfung der Wohnungsnot ist das allerdings nicht.

Kommen wir zu einem anderen Punkt: Die soziale Infrastruktur im Rhein-Sieg-Kreis. Unzählige von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sind täglich im Einsatz. An den Tafeln, sie beraten Menschen in schwierigen Lebenssituationen, sie erledigen Einkäufe und vieles mehr. Darüber hinaus gibt es auch Hilfsorgansisationen, die die vielen Aufgaben nicht mehr allein mit ehrenamtlichen bewältigen können, sie arbeiten mit Angestellten, um den Betroffenen bestmögliche Hilfe anbieten zu können.

All das kostet Geld. Und so wenden sich diese Organisationen zu den Haushaltsberatungen an den Kreistag, um Zuschüsse, manchmal auch eine Erhöhung der Zuschüsse, für ihre Arbeit zu beantragen. So war es auch in diesem Jahr. Und dabei gab es ein Muster von Seiten der Mehrheitsfraktionen: Die Arbeit wurde hoch gelobt, die finanziellen Zuwendungen aber so knapp wie möglich gehalten. Ausgerechnet am Weltfrauentag lehnte der Ausschuss für Integration und Gesundheit so einen Antrag zur Erhöhung des Zuschusses zur Schwangerschaftskonfliktberatung ab. Dieser Zuschuss wird seit 20 Jahren in der gleichen Höhe, nämlich 150.000,- € bezahlt. Die jetzt beantragte Erhöhung lag dabei noch unter dem, was im Laufe der Jahre Inflationsbedingt aufgelaufen ist. Statt den beantragten 226.000,- € wurden am Ende nur 158.000,- € bewilligt. Berücksichtigen wir also die Inflation so wird dieser Zuschuss seit 20 Jahren faktisch gekürzt. Auch die Tafeln bekommen seit 2019 einen kleinen Zuschuss: 10.000,- € pro Jahr, um die Müllgebühren begleichen zu können. DIE LINKE hatte hier im Kreistag jahrelang dafür gekämpft. Nun haben sie eine Erhöhung auf 12.000,- € beantragt, wohlgemerkt für alle Tafeln im Rhein-Sieg-Kreis zusammen. Auch dies wurde abgelehnt. Eigentlich ist es eine Schande, dass wir uns über einen Betrag von 10.000 Euro und eine Erhöhung auf 12.000,00 Euro unterhalten müssen. Aber bei dieser unheilvollen Allianz aus Schwarz und Grün, die scheinbar beide nicht mehr für die unteren 10.000 zuständig sind, wundert uns kaum nocht etwas. Dabei tragen die Tafeln im Rhein-Sieg-Kreis ihre kompletten sonstigen Kosten selber, d. h. aus Spenden. Woanders werden ihnen von den Kommunen beispielsweise kostenfrei Räume zur Verfügung gestellt.

Es gibt weitere solcher Beispiele, zusammenfassend ist festzustellen, dass CDU und Grüne die Helfer*innen gerne beklatschen aber bei den Finanzen mehr als knauserig sind.

Dabei wäre gerade jetzt ein Ausbau der sozialen Infrastruktur dringend notwendig.

Auch hier müssen wir also feststellen: Dieser Haushaltsplan ist kein Plan zum Ausbau der sozialen Infrastruktur.

Irgendwann muss den Grünen aufgefallen sein, dass sie Teil der Mehrheitskoalition sind. Bis dahin gab es nur einen Antrag der Fraktionen, der mit viel gutem Willen, als Beitrag zum Klimaschutz gelesen werden kann: Nämlich der Ausbau von Radwegen, aber nur, wenn 80% der Kosten von anderen Stellen übernommen werden.

Offenbar fehlte es aber an Ideen. Zwar hat DIE LINKE in den letzten Jahren immer wieder Vorschläge gemacht, die den ÖPNV stärken und am Ende zu einem kostenlosen Nahverkehr führen sollten. Aber so etwas ist für die CDU, aber auch für die Grünen im Kreistag undenkbar, ja geradezu Teufelszeug.

So wurde dann, wohl in Ermangelung anderer Ideen, ein Klimaschutzfond beschlossen.

Ein Plan zum Klimaschutz ist das nun wirklich nicht.

An einer Stelle aber gibt es einen Plan: Nämlich beim Ausbau des Ordnungsaußendienstes des Kreises. Hier sollen zwei zusätzliche Stellen für 90.000,- € im Jahr geschaffen werden. Dafür werden klar überprüfbare Ziele erwartet: Im Klartext: Es sollen mehr Ordnungsgelder verhängt werden. Damit soll gegen die Vermüllung der Landschaft vorgegangen werden. Darüber hinaus soll eine Ordnungspartnerschaft mit der Landesforstverwaltung angestrebt werden, geprüft werden soll der Einsatz von Rangern. Das ist ein klarer Plan hin zu mehr autoritärem Auftreten. Ginge es wirklich nur um den Landschaftschutz, wäre es wohl weit wirkungsvoller gewesen den Betrag zu nutzen, um mehr Aufklärungsarbeit, z. B. an Schulen zu leisten.

Das Fazit also lautet:
Dieser Haushaltsplan ist …

  • Kein Plan in Sachen Gesundheitsversorgung
  • Kein Plan bezüglich der Wohnungsnot
  • Kein Plan zum Ausbau der sozialen Infrastruktur
  • Und auch kein Plan zum Klimaschutz

Einen solchen Haushaltsplan kann DIE LINKE im Kreistag nur ablehnen, er ist radikal unsozial.