
Update: Nachdem der Rat der Stadt Kerpen in seiner Sitzung am Dienstag auf Antrag von die Fraktion DIE LINKE mit Mehrheit beschlossen hatte, keine Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zur Räumung des Hambacher Waldes einzulegen, berichten Medien (Kölner Stadtanzeiger und Radio Erft), dass das Land NRW die Stadt Kerpen anweisen wolle, trotz des Ratsbeschlusses Berufung gegen das Urteil einzulegen. Eine Weisung der Landesregierung sei auf dem Weg in das Kerpener Rathaus. Das Verwaltungsgericht Köln hatte am 8. September die Räumung des Hambacher Waldes für rechtswidrig und die Begründung mit dem Brandschutz für vorgeschoben erklärt.
Hierzu erklärt Hans Decruppe, Stellvertretender Landessprecher von DIE LINKE NRW: „Die Landesregierung setzt auf politische und juristische Eskalation. Sollte es zutreffen, dass in Düsseldorf ernsthaft erwogen wird, die Stadt Kerpen trotz entgegenstehendem Ratsbeschluss durch Anweisung zu zwingen, Berufung gegen das Urteil zur Räumung des Hambacher Waldes einzulegen, kann man nur feststellen: Diese Landesregierung scheint durchgeknallt und gehört abgewählt. Ein solches Vorgehen wäre eine Missachtung der kommunalen Demokratie und offenkundig rechtswidrig.“
Decruppe verweist als Jurist auf die Gemeindeordnung, die in § 62 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass der Bürgermeister die Beschlüsse des Rates durchzuführen hat. Ein Recht zur Weisung durch die Kommunalaufsicht, also auch durch das Kommunalministerium in Düsseldorf, bestehe nur dann, wenn der Ratsbeschluss vom Dienstag gegen geltendes Recht verstoßen würde; nur dann könne der Beschluss nach den Regeln der Gemeindeordnung beanstandet und von der Kommunalaufsicht aufgehoben werden. „Der Beschluss des Kerpener Rates, keine Rechtsmittel gegen das Räumungsurteil des VG Köln einzulegen, ist jedoch rechtlich unzweifelhaft gesetzeskonform. Also hat die Kommunalaufsicht hier auch nichts zu beanstanden oder anzuweisen,“ fasst Decruppe die rechtliche Bewertung zusammen.
Sollte die Landesregierung sich erneut – wie bei der rechtswidriger Anweisung zur Räumung des Hambacher Waldes – als „juristischer Geisterfahrer“ betätigen, werde sie auf entschiedenen politischen und juristischen Widerstand treffen, kündigt Decruppe an. DIE LINKE würde jedenfalls alle Register ziehen und ein gemeinsames Handeln aller Demokrat:innen im Kerpener Rat gegen die demokratie- und kommunalfeindlichen Pläne aus Düsseldorf anstreben. „Erforderliche juristische Schritte gegen eine mögliche Anweisung durch die Landesregierung bereiten wir schon vor,“ kündigt Decruppe an.
Meldung vom 28.10.2021: Keine Rechtsmittel gegen Urteil zur Räumung des Hambacher Waldes
Auf Antrag von DIE LINKE beschließt Rat der Stadt Kerpen, dass keine Rechtsmittel gegen das Urteil zur Räumung des Hambacher Waldes eingelegt werden. Der vorsorglich beim OVG NRW eingereichte Antrag auf Zulassung der Berufung muss zurückgenommen werden. Das Verwaltungsgericht Köln hatte am 8. September die Räumung des Hambacher Forstes für rechtswidrig und die Begründung mit dem Brandschutz für vorgeschoben erklärt.
Im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit um die auf Anweisung der Landesregierung NRW erfolgte Räumung und den Abriss von Baumhäusern im Hambacher Wald im Jahr 2018 ist gestern eine wichtige Entscheidung gefallen: Der Rat der Stadt Kerpen hat in seiner Sitzung am gestrigen Dienstagabend mehrheitlich beschlossen, den Bürgermeister der Stadt Kerpen, Herr Spürck (CDU), anzuweisen, gegen das am 8. September 2021 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Köln Az 23 K 7046/18 keine Rechtsmittel einzulegen. In dem Urteil war festgestellt worden, dass die Räumung und der Abriss der Baumhäuser ab dem 13. September 2018 im Hambacher Wald rechtswidrig war. Das Gericht war nach ausführlicher Prüfung auch von internen Dokumenten des zuständigen Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW, das die Stadt Kerpen zur Räumung angewiesen hatte, zu dem Ergebnis gekommen, dass der als Begründung der Räumung der Baumhäuser angegebene Brandschutz nur vorgeschoben gewesen sei.
Da das Urteil des VG Köln juristisch gut begründet war, hat die Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Kerpen beantragt, dass die Stadt gegen das Urteil keine Rechtsmittel einlegen soll. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss des Rates (HFA) am 5.10.21 wurde der Antrag jedoch mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt und im Wege einer Eil-Entscheidung nach § 62 Abs. 2 Satz 2 Gemeindeordnung NRW beschlossen, dass vorsorglich aus Gründen der Fristwahrung ein Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW gestellt. Die Stimme der AfD gab dabei den Ausschlag. Dementsprechend hatte die Stadt beim OVG einen entsprechenden Antrag gestellt.
In der gestrigen Ratssitzung (26.10.21) in Kerpen kam die große Kehrtwende: Der Antrag der Fraktion von DIE LINKE fand mehrheitlich Zustimmung und es wurde beschlossen, die vorsorglich eingelegte Berufung wieder zurückzunehmen. Der Beschluss wurde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Rat Kerpen gefasst; der Antrag wurde mit den Stimmen von LINKE, SPD und Grünen sowie eines Einzelmandatsträgers der UWG bei Enthaltung der FDP gegen die Stimmen von CDU, AfD und BBK (Bürgerbündnis Kerpen) angenommen. Der Bürgermeister der Stadt Kerpen, Herr Spürck, ist nunmehr verpflichtet, den gestrigen Beschluss zu umzusetzen und die beim OVG NRW beantragte Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Köln vom 08.09.21 (Az 23 K 7046/18) zurückzunehmen. Damit wird das Urteil des VG Köln rechtskräftig. Damit steht zugleich fest, dass die Räumung des Hambacher Waldes auf Anweisung der Landesregierung NRW (Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung) rechtswidrig war. Die Ratsunterlagen mit den Beschlussvorlagen in der Angelegenheit gibt es online: https://sdnetrim.kdvz-frechen.de/rim4770/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZYsps28IxowBSsfPe5ohCaY.
„Für uns, DIE LINKE. im Rat Kerpen und im Rheinischen Revier, ist das ein großartiger kommunalpolitischer Erfolg. Wir bedanken uns bei den kommunalpolitischen Mitstreitern im Rat Kerpen, die unserem Antrag zum Erfolg verholfen haben,“ erklären Annetta Ristow, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Rat Kerpen, und Hans Decruppe, Stellvertretender Landessprecher von DIE LINKE NRW und Fraktionsvorsitzender von DIE LINKE im Kreistag des Rhein-Erft-Kreises, in dem auch der Hambacher Wald liegt. „Mit dem Ende des Rechtsstreits findet ein politisch höchst dubioser Vorgang, unter fadenscheinigen Gründen des Brandschutzes die Baumhäuser im Hambacher Forst räumen und abreißen zu lassen, sein juristisches Ende entgegen. Dieser Ausgang ist eine herbe Niederlage für die CDU/FDP-Landesregierung NRW und den vor zwei Tagen aus dem Amt des Ministerpräsidenten geschiedenen Armin Laschet. Für die Umweltbewegung und unser Engagement für einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle ist es dagegen höchst erfreulich.“