Geld
Bild Geld (c) by Frank Kemper - Die Linke Ruppichteroth
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Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

alle zwei Jahre beraten wir über den jeweils neuen Haushalt. Und alle zwei Jahre beklagen wir uns darüber, dass die Gemeinde, so wie viele andere Gemeinden, keinen finanziellen Handlungsspielraum mehr hat. Und so kommt es, dass eine politische Handschrift in Bezug auf den Haushalt in Ruppichteroth schon seit Jahren nicht mehr erkennbar ist. Wir verwalten nur noch den Mangel. Die Parteien im Rat verzichten schon vorab darauf, Initiativen, welche Geld kosten, überhaupt vorzuschlagen.

Da stellt sich die Frage, welchen Sinn macht es einen Rat nach allen demokratischen Gesichtspunkten zu wählen, wenn dieser anschließend nur noch darüber entscheiden kann, ob zunächst die Grund- oder die Gewerbesteuer erhöht werden soll?

Sehen wir dem ins Gesicht: Ruppichteroth wird nur noch verwaltet, da ist kein Raum mehr für Gestaltung.

In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass zumindest unsere Verwaltung gut funktioniert. An dieser Stelle mein Danke an alle, die täglich dazu beitragen.

Nun befinden wir uns im Bundestagswahlkampf und darum habe ich mal in die Wahlprogramme der hier vertretenen Parteien geschaut, um zu sehen, ob diese das Problem erkannt haben und ob Besserung in Sicht ist. Es fehlt allerdings das der CDU, es ist noch nicht veröffentlicht.

Keine Sorge, dies wird keine Wahlkampfrede.

Erfreulich ist, dass alle Parteien, die hier vertreten sind, in ihren Wahlprogrammen Lösungen für arme Kommunen vorschlagen. Da könnte Mensch dann meinen, das sich da bald etwas tun muß, und zwar bei jeder möglichen zukünftigen Regierungskonstellation.

Dann habe ich aber auch noch mal in die Wahlprogramme von 2017 geschaut. Und auch da haben alle Parteien den Ansatz verfolgt, arme Kommunen finanziell zu entlasten. Und es hat sich ja auch etwas getan, zumindest bei den Kosten der Unterkunft wurden die Kommune entlastet. Diese Entlastung allerdings hat der Kreis nicht zu 100 % weitergegeben.

Und doch, es ist viel zu wenig, eine grundlegende Änderung ist für Ruppichteroth nicht in Sicht.

Diese Erfahrung lässt mich pessimistisch in die Zukunft schauen. Allen Wahlprogrammen zum Trotz, müssen wir damit rechnen, auch in Zukunft als Rat weitgehend handlungsunfähig zu bleiben.

Am Ende stellt das die Legitimation der Demokratie insgesamt in Frage, denn das Problem ist ja nicht auf Ruppichteroth begrenzt.

Darum bitte ich Sie: Nehmen Sie Einfluss in Ihren Parteien, drängen Sie darauf, dass die armen Kommunen endlich wirksam entlastet und wieder handlungsfähig werden.

Nun aber zu dem einzigen konkreten Ruppichterother Anliegen (alle anderen aktuellen Maßnahmen sind zumindest zum goßen Teil durch Fremdmittel finanziert, damit sind diese auch oft entsprechendem Einfluss ausgesetzt.), zum einen, der Vorschlag der CDU, eine gemeindeeigene Immobilenentwicklungsgesellschaft zu gründen.

Die Idee hat auf den ersten Blick Charme, weil sich trotz der eben beschriebenen Haushaltssituation etwas in Ruppichteroth bewegen ließe. Und da sind wir uns ja alle einig: Bezahlbarer Wohnraum wird in Ruppichteroth dringend gebraucht.

Und doch habe ich Problem damit: Da ist zum einen, die zu Recht aufgeworfene Frage: Wollen wir nicht erst einmal mit dem Rat, aber auch mit den Menschen in Ruppichteroth diskutieren, ob, wo, in welcher Form und wieviel neuen Wohnraum wir schaffen wollen? Schließlich gründen wir eine Immobilienentwicklungsgesellschaft ja nicht nur für ein, zwei Projekte.

Darüberhinaus ist es ein Problem, wenn kommunale Aufgaben in eine Gesellschaft ausgelagert werden. Denn dann gelten Schweigepflichten, die zu Intransparenz führen. Die in die Gesellschaft eingebundenen Ratsmitglieder, dürfen dann selbst dem Rat, aber auch den Bürger*innen, nur noch wenige Informationen geben. Dennoch müsste die Gemeinde für das finanzielle Risiko einer solchen Gesellschaft geradestehen.

Es müsste also aus meiner Sicht zunächst gelingen, eine Gesellschaftsform zu finden, die vollständige Offenheit und Transparenz erlaubt, und das Ganze wäre auch noch in einen Diskussionsprozeß mit der Bevölkerung einzubinden.

Dieser Haushalt sieht schon in 2 Jahren vor, das Personal der Verwaltung zu reduzieren. Und das, obwohl doch eigentlich mehr Personal gebraucht wird.

Gleichzeitig befinden wir uns in Folge der Pandemie in einer der schlimmsten Wirtschaftkrisen seit Jahrzehnten. Und doch sind weitere Steuererhöhungen vorgesehen. In früheren Jahren habe ich immer dafür plädiert die Gewerbesteuer, statt der Grundsteuer anzuheben, in der aktuellen Situation halte ich aber auch das nicht für vertretbar.

Darüber hinaus handelt es sich wieder um einen Doppelhaushalt. Schon immer habe ich die Haltung vertreten, dass sich die finaziellen Angelegenheiten der Gemeinde nicht über zwei Jahre im Voraus absehen lassen. Im Zuge der Pandemie gilt das mehr als je zuvor. Es ist einfach voherzusagen, dass uns in diesen zwei Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit ein Nachtragshaushalt, zunächst im Kreis und dann in der Gemeinde, erwartet.

Das alles resultiert aus Pflichten, die uns im Rahmen der Haushaltssituation auferlegt wurden. Die Ursache dafür aber, und da schließt sich der Kreis, liegt in der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen.

Die Verwaltung hat gute Arbeit geleistet, dafür danke ich sehr. Sie hat gar keine andere Möglichkeit als einen gesetzeskonformen Haushalt vorzulegen. Die Politik aber hätte die Aufgabe haushaltkonforme Gesetze vorzulegen. Darin versagen alle Parteien. Ich bitte die hier Anwesenden in ihren Parteien massiv Einfluss zu nehmen, damit sich das ändert.

Ich kann diesem Haushalt aus den genannten Gründen nicht zustimmen.